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Grüne gerät mit Polizei aneinander„Ein Einschüchterungsversuch“

Als sie am Samstag auf einer Demonstration Fotos machte, drohte die Polizei, ihr den Abgeordnetenstatus zu entziehen, sagt die Grüne June Tomiak.

Tomiak wollte am Samstag die rechte Merkel-muss-weg-Demonstration beobachten Foto: dpa
Malene Gürgen
Interview von Malene Gürgen

taz: Frau Tomiak, Sie waren am Samstag als parlamentarische Beobachterin bei der rechtsextremen „Merkel muss weg“-Demonstration und hatten dort eine unangenehme Begegnung mit der Polizei. Wie kam es dazu?

June Tomiak: Gegen 14 Uhr, also noch bevor dort überhaupt Demonstranten aufgetaucht sind, war ich in der Reinhardstraße in Mitte unterwegs und habe dort mit meinem Handy unter anderem ein Foto von den Absperrungen und den Polizeiwagen gemacht, aus etwa 40 Metern Entfernung. Daraufhin stieg ein Truppführer der Berliner Polizei aus einem der Fahrzeuge, kam auf mich zu und verlangte, mein Telefon und die Fotos zu sehen.

Wie haben Sie auf dieses Verlangen reagiert?

Ich habe ihm meinen Abgeordnetenausweis gezeigt und erklärt, dass ich als parlamentarische Beobachterin zugegen bin. Das hat ihn aber erst recht aufgebracht, er hat darauf bestanden, dass ich nicht fotografieren dürfe. Insbesondere Porträtaufnahmen von Beamten seien nicht in Ordnung. Ich habe ihm ruhig erklärt, dass ich nur aus der Ferne die Fahrzeuge fotografiert habe und keine Porträtaufnahmen gemacht habe.

Im Interview: June Tomiak

19, ist im September als jüngstes Mitglied ins Abgeordnetenhaus eingezogen und gehört dort der Grünen-Fraktion an. Den Vorfall am Samstag veröffentlichte sie zuerst auf Twitter.

Hat er Ihnen nicht geglaubt?

Offenbar nicht, er bestand darauf, dass die Fotos dann doch wieder in „einschlägigen Zeitungen“ landen würden. Zum Schluss kam dann das Beste: Sollte ich nicht mit dem Fotografieren aufhören, werde mir mein Abgeordnetenstatus entzogen. Ich war erst mal baff und habe mich verabschiedet.

Hat Sie die Aussage des Polizisten verunsichert?

Ein bisschen schon, ich war ja auch das erste Mal als parlamentarische Beobachterin unterwegs. Ich habe dann aber noch einen Bekannten getroffen, der Jurist ist, und bin dann mit ihm zusammen noch mal zurück, um mir die Rückennummer zu notieren. Daraufhin hat mir der Beamte wütend entgegnet, er werde sich meinen Namen auch aufschreiben. Er hat dann jedes Detail von meinem Abgeordnetenausweis notiert und gedroht, er „werde sich vorbereiten“.

Wie ist die Situation ausgegangen?

Ich bin dann gegangen und habe erst mal meine Arbeit fortgesetzt, aber auch gleich ein Gedächtnisprotokoll von der Situation angefertigt.

Haben Sie jetzt vor, in der Sache noch etwas zu unternehmen?

Ja, das war ja ein Einschüchterungsversuch, den man so nicht stehenlassen kann. Ich werde mich schriftlich sowohl an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses als auch an den Polizeipräsidenten wenden. Unter Umständen werde ich zu gegebenem Zeitpunkt auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen.

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4 Kommentare

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  • "...ich war ja auch das erste Mal als parlamentarische Beobachterin"

    Titel und Amtsbezeichnungen gibt es ja wie Sand am Meer. Das ist für mich zu unübersichtlich. Was bitte ist ein "Parlamentarischer Berobachter"?

    • @Jürgen Matoni:

      Ich halte auch nix von irgendwelchen Sonder-statuten. Seien es jetzt für PfarrerInnen, ParlaentarierInnen oder was auch immer.

      Das spielt für den eigentlichen Vorwurf aber auch gar keine Rolle.

      Jeder und Jede ist berechtigt, Polizeibeamte im Dienst zu fotografieren.

      Die Beamten haben willkürlich und rechtswidrig gehandelt.

  • Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass es grundsätzlich zulässig ist, Polizeibeamte im Dienst zu fotografieren.

    Unabhängig vom Abgeodnetenstatus, hatte der Polizeibeamte also rechtswidrig gehandelt.

    Das ist leider kein Einzelfall. Grade Polizeibeamte sind erstaunlich schlecht über rechtlichte Verhältnisse informiert.

    Vor solchen, eben eher typischen Vorfällen muss man den aktuellen Entwurf des "Anti-Gaffer-Geetztes" sehr kritisch sehen, welches Polizeibeamten das Recht einräumen soll, vermeintlichen "Gaffern" an "Tatorten" das Handy zu beschlagnahmen.

    Es ist vorrauszusehen, dass Polizeibeamte exzessiv davon gebrauch machen werden, und in Zukunft die Zahl angeblicher "Gaffer" nochmals um ein Vielfaches zunehmen wird.

    Das wiederum, werden Funktionäre der Polizeigewerkschaften zum Anlass nehmen, um für Polizeibemte nochmals erweiterte Befugnisse gegen diese "Gafferplage" zu fordern.

    • @Wagenbär:

      .... während die Polizisten selber dann irgendwann mit Bodycams ausgerüstet sein werden. Und - ich wette drauf - in dem Moment, wo eine Aufnahme eventuell belastend für die Polizei werden könnte, wird wie üblich ein technisches Problem gewesen sein, weswegen genau die entscheidende Sequenz fehen wird. Die möglicherweise ebenfalls beweiskräftige Privataufnahme von der "Gegenseite" wird ggf. beschlagnahmt (Beifang von mitgefilmten Mitdemonstranten inclusive, deren Gesichter dann gaaanz zufällig auch noch auf den To-Do-Listen der rechten Szene kursieren) und so manche Zeugen haben wegen möglicher Videoaufnahmen schon Hausdurchsuchungen incl. Abservieren der gesamten IT bekommen.

      In anderen Zusammenhängen nennt man sowas asymmetrische Kriegsführung. Von "Waffengleichheit" weit entfernt. Hier die Staatsmacht, da die Untertanen.