■ Nürnberg nimmt Diehl in Schutz: Grüne fordern Aberkennung der Ehrenwürde
Nürnberg (taz) – Die Stadtratsfraktion der Grünen in Nürnberg hat beantragt, dem 90jährigen Rüstungsfabrikanten Karl Diehl die ihm im Juli 1997 verliehene Ehrenbürgerwürde der Stadt Nürnberg wegen „unwürdigen Verhaltens“ wieder abzuerkennen. Der jetzige Seniorchef des Diehl-Konzerns hatte in den KZs Flossenburg, Stutthof und Groß-Rosen Produktionsstätten unterhalten (s. taz v. 8./9.11.). Überlebende, die für Diehl im Außenlager Peterswaldau des KZ Groß-Rosen Bombenzünder im Akkord zusammenschrauben mußten, hatten der Firmenleitung vorgeworfen, für die Arbeitsbedingungen im Betrieb sowie Mißhandlungen und Demütigungen verantwortlich zu sein.
Die Stadt Nürnberg sieht in den neuen Informationen „im wesentlichen keine neuen Erkenntnisse“. Presseamtschef Wolfgang Stöckel betonte, daß man keinerlei Grund sehe, „eine neue Spruchkammer ins Leben zu rufen“. Diehl sei Träger des Bundesverdienstkreuzes und damals „mit Sicherheit von den zuständigen Ämtern überprüft“ worden. Die Pressestelle der Diehl GmbH wies jede Verantwortung der Firma für die Bedingungen in den Diehl-Betriebsstätten im NS-Regime zurück. Im Gegensatz zu den übereinstimmenden Aussagen der Zeitzeugen heißt es in der Erklärung, daß zwar die „unternehmerische Führung von Firmenangestellten ausgeübt“ worden wäre, Bewachung und Aufsicht „auch innerhalb der Betriebsgebäude“ jedoch im Verantwortungsbereich der SS gelegen hätten. Diehl sei „nach Kriegsende juristisch verbindlich entlastet“ worden. Sollte es in seinen Betrieben „in Einzelfällen“ zu Mißhandlungen gekommen sein, bedauere man dies „zutiefst“. BS
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