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Grüne Realos wollen Streit versachlichen

■ Im bündnisgrünen Streit um den Programmentwurf verständigen sich Realos auf eine gemeinsame Linie. Rezzo Schlauch: "Wir wollen keinen Showdown", Korrekturen sind aber notwendig. Debatte zur Innenpo

Führende bündnisgrüne Realpolitiker wollen den Streit um den Programm-Entwurf nicht weiter anheizen. Auf diese Linie einigte sich eine Gruppe um Joschka Fischer am Samstag in Kassel. „Es wird keinen Showdown geben“, erklärte der baden- württembergische Bundestagsabgeordnete Rezzo Schlauch gestern gegenüber der taz.

Man wolle aber inhaltliche und sprachliche Veränderungen am Entwurf. Dies betreffe die Bereiche Bundeswehr, Nato und Osterweiterung, aber auch den wirtschafts- und finanzpolitischen Teil: „Wir wollen mit der Partei ein schlagkräftiges Programm erarbeiten, das die Weichen für einen Regierungswechsel stellt.“ Im Entwurf wird unter anderem die Halbierung und langfristig die Abschaffung der Bundeswehr verlangt. Die Fehler früherer Programmparteitage, auf denen ein Flügel den anderen niedergestimmt hätte, dürfe sich nicht wiederholen, forderte Schlauch. Positiv wertete er den Umstand, daß der Entwurf frühzeitig zur Debatte gestellt wurde.

Harscher fiel hingegen die Kritik des baden-württembergischen Fraktionschefs, Fritz Kuhn, aus. Gegenüber Focus erklärte er, er lasse sich „dieses Programm mit seinem linken Verbalradikalismus nicht bieten. Wenn wir den Wirtschafts- und Finanzteil umsetzen, kommt es zur größten Kapitalflucht aller Zeiten.“ Die Bundesvorstandssprecherin Gunda Röstel kündigte „Nachbesserungen“ im wirtschafts- und außenpolitischen Teil an.

Vergleichsweise harmonisch verlief die Programmdiskussion zur Innenpolitik am Wochenende in Köln. Der Konflikt um die Außenpolitik sei nicht neu und habe „keinen besonderen Nachrichtenwert“, sagte der rechtspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck, am Rande der Veranstaltung. Letztlich gehe es um die Frage, ob das Parteiprogramm auch Grundwerte vermittele oder in ein Koalitionsprogramm verkürzt werde. Fraktionssprecherin Kerstin Müller sprach sich dafür aus, das Wahlprogramm „nicht mit der Koalitionsschere im Kopf zu schreiben“. Dann beeilte man sich, zum innenpolitischen Teil des Entwurfs zu kommen.

Müller und Vorstandssprecher Jürgen Trittin forderten Grüne und SPD auf, sich nicht auf eine „Angstkampagne“ und einen „Schmutzwahlkampf“ zur Inneren Sicherheit einzulassen. Eine Delegierte brachte die Gratwanderung auf den Punkt: „Wir müssen die Ängste der Bürger ernst nehmen, aber ihnen auch sagen, wann diese Ängste neurotisch sind.“ Die Partei will die alten Konzepte bewahren, aber andere Akzente setzen. Früher habe man die Wende in der Drogenpolitik vor allem für die Drogenabhängigen gefordert, sagte Beck. Jetzt betone man, daß Therapieplätze, Fixerräume und die kontrollierte Abgabe harter Drogen die Beschaffungskriminalität eindämmen würden und daher auch im Interesse der Gesellschaft wären. Das New Yorker Prinzip der „zero tolerance“ zur Kriminalitätsbekämpfung lehnen die Grünen ab. Polizei und Strafrecht sollen erst zum Zuge kommen, wenn präventive Maßnahmen nicht greifen. Dies war einigen im Wahlprogramm zu zaghaft formuliert. Man müsse den Wählern sagen, daß man neben Hilfsangeboten für die Abhängigen auch „knallharte Repression“ benötige, um eine offene Drogenszene in den Griff zu kriegen, sagte der hessische Landtagsabgeordnete Tarek Al-Wazir. Er fügte aber hinzu, daß er mit diesem Teil des Programms „viel zufriedener“ sei als mit dem außenpolitischen. Severin Weiland, Berlin

Thilo Richter, Bonn

Kommentar Seite 12

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