piwik no script img

Grüne Absage an die CDURenate entspannt

Renate Künast will keine Koalition mit der CDU. Die schimpft heftig über die Absage. Der linke Flügel der Grünen hofft, schon verloren geglaubte Wähler zurückzugewinnen.

Die Lächelnde: Renate Künast auf dem neuen Wahlplakat Bild: Reuters

Dieses Plakat spricht Bände. "Berlin gewinnt" steht da groß als Slogan. Darunter etwas kleiner: "Diesmal grün wählen". Daneben ist Renate Künast abgebildet. Ihr Name aber fehlt auf dem neuen Plakat für die letzte Wahlkampfwoche, das die Grünen am Freitag auf dem Oranienplatz in Kreuzberg präsentierten. Auch die bisherigen Parolen "Renate kämpft", "Renate arbeitet", "Renate sorgt" sind weg. Renate Künast lächelt jetzt. Entspannt.

Am Abend zuvor hatte sie sich quasi aus dem Wahlkampf verabschiedet. "Ich werde meiner Partei nicht vorschlagen, eine Koalition mit der CDU einzugehen", hatte Künast beim TV-Duell mit dem Amtsinhaber Klaus Wowereit (SPD) gesagt. Damit ist klar: die Grünen können nur noch in eine Koalition mit der SPD in den Senat kommen. Künast ist aus dem Rennen um das Amt des Regierenden Bürgermeisters.

Die CDU, der nun der Verbleib in der Opposition droht, zeigte sich am Freitag restlos enttäuscht. "Wir sind Zeuge einer Kapitulation geworden, der endgültigen Selbstdemontage einer Kandidatin, die angetreten war, um Regierende Bürgermeisterin zu werden", sagte CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel in einer Wahlkampfrede am Checkpoint Charlie. "Man hätte Mitleid haben können, als ihre eigene Mannschaft eine Meuterei anzettelte und eine Handvoll Piraten das grüne Schiff zum Kentern brachte", fuhr Henkel fort. Künasts kampflose Aufgabe aber sei nur noch ein Akt der Verzweiflung. Jetzt sei klar, dass es für einen politischen Wandel nur noch die CDU gebe.

Über die neue Klarheit freut sich auch der linke Flügel der Grünen. "Gut so!", sagte der Kreuzberger Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt, der schon vor anderthalb Jahren bei einem Parteitag vor einer Zusammenarbeit mit der CDU gewarnt hatte. An den Wahlständen hätten viele Stammwähler berichtet, dass sie wegen einer möglichen grün-schwarzen Koalition nicht mehr wüssten, wen sie wählen sollten. Künasts Aussage schaffe nun die Möglichkeit zu einer Kehrtwende. Vor allem weibliche und ältere Stammwähler, die sich nicht so leicht von der Piratenpartei angezogen fühlen, hofft Behrendt nun noch zur Wahl bewegen zu können.

Die Piraten haben bereits erfolgreich in der grünen Wählerklientel gewildert. Laut einer am Donnerstagabend veröffentlichten Umfrage von infratest-dimap kommen sie mittlerweile auf 6,5 Prozent - zwei Prozentpunkte mehr als in der Vorwoche. Zeitgleich sackten die Grünen um 2 Punkte auf 20 Prozent. Alle anderen Parteien blieben nahezu konstant. Die SPD kommt auf 29,5, die CDU auf 22, die Linke auf 11 Prozent.

Im Abgeordnetenhaus läuft nun alles auf eine rot-grüne Koalition hinaus. Rot-Rot hätte wegen des Einzugs der Piraten ins Parlament keine Mehrheit mehr. Und eine Koalition mit der CDU gilt bei großen Teilen der SPD-Basis genauso wenig vermittelbar wie bei den Grünen.

SPD und Grüne scheinen sich aufeinander einzugrooven. Vor dem TV-Duell waren die Spitzen beider Parteien nahezu komplett im Foyer des RBB erschienen. Wowereit und der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann erweckten mit ihrem flapsigen Umgang den Eindruck, sie könnten unter sich mal schnell die Koalition klarmachen. Erst als die Kameras liefen, gab es wieder Streit zwischen Rot und Grün.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

12 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • K
    Klaus

    CDU enttäuscht? Wohl kaum. Grün - Schwarz wäre ja an der Kotzgrenze gewesen. Aber Künast hat die CDu von diesem Pflügerkonstrukt befreit.

     

    Henkel wird 23-25% schaffen und dait der einzige CDU Landeschef sein, der Stimmenzuwächse aufweisen kann.

     

    Und wer weiß ob die Grünen die ganzen wowereit Kröten schlucken?

     

    A 100, Polizeipräsident Udo Hansen und und und

     

    Guten Appetit

     

    Vielleich bringt Henkel, wenn die Grünen sich in den Koaltionsverhandlungen ausgekotzt haben doch noch die Schlüssel der Dienstwagen mit

     

    Dann haben wir in Berlin alle was zu lache - naja außer Renate

  • H
    Hartmut

    Die Grünen haben ihren linken Wähler schon weit vor schwarz-grünen Überlegungen verloren. Das ist Jahre her. Die Grünen sind KEINE linke Partei. Sie profitieren lediglich von diesem Image einer linken Reformpartei der vergangenen Tage. Aber das lässt sich wohl kaum inhaltlich füllen.

  • T
    tidyho

    @Simone: schon mal was von den Konzepten 'Realität' und 'Fakten' gehört? Deine Argumente sind tausendfach durch die beiden oben genannten widerlegt worden.

     

    @All: don't feed the Troll... ;)

  • A
    and

    ich wollte auch briefwahl machen, habs aber nicht geschafft. und überlege nun, ob ich tatsächlich noch wie die ganzen jahrzehnte die grünen wähle. denn leider kann ich mich nur den meisten stimmen hier anschliessen.

    hurra wegen der absage an die CDU? wohl kaum. ich glaube auch, dass künast sich vom absolutistischen monarchen wowereit übern tisch ziehen lässt betr. A 100. (s. kommentar ex-grünen-waehler). und auch in anderen belangen.

    und: die piraten haben gewildert? wohl kaum. auch wenn die piraten für mich keine echte option sind (habe keinen penis und bin über 19), so sind sie für manche eine option, weil die grünen auf immer längerer strecke versagen.

    und noch etwas, worüber fast niemand spricht (die taz wenigstens einmal): andrea fischer, pharmalobbiistin, als kandidatin der grünen. GEHT´S NOCH!?!?!? und da wundern die sich, dass ihnen die leute weglaufen? da wundere ich mich, dass die sich wundern ... ne, es zeigt einfach, dass sie entweder ihr eigenes bewusstsein abgegeben haben oder denken, die wählerinnnen und wähler hätten es. spricht beides nicht für sie.

    und ich bin sehr ratlos, wen oder was ich nun wählen will. noch wählen kann.

  • S
    Simone

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Schon vergessen, dass die Piraten GEGEN die Sperrung von Kinderpornoseiten sind (auch wenn das nicht ausreicht, muss man es ja wohl trotzdem tun,denn zumindest die alten Pädophilen sind mangels Computerkenntnis nicht fähig, die Sperren zu umgehen) und GEGEN das Verbot übler Ballerspiele (auch wenn es nicht alle Spieler schädigt, muss man es wohl trotzdem tun, bei dem was sie anrichten können).

    Der Personenwahlkampf der Grünen war von Anfang an zum Scheitern verurteilt, aber gibt es wirklich eine Alternative? Nichtwählen ist keine.

  • WZ
    Wahl zählungen

    Da man also wieder sorglos Grün wählen kann, könnte es für Piraten doch knapp werden.

    Oppositionsgrüne sind kein Mehrwert. Das wäre wiederum ein Grund, Piraten zu wählen um Unruhe reinzubringen.

     

    Wenn die Grünen Tempo 30 wollen, sollen sie Elektro-Autos fördern die nur 30 kmH fahren und von Gigalocal als Bringdienste gebucht werden können. Und schon hat man die Verkehrsberuhigung durch 30km/h-Schnecken. Ohne Gesetze. Ohne Pöstchen. Ohne Juristen. Nur durch das pure Gesetz der Straße wo immer mehr 30km/h-Billig-Auto-Imitate auftauchen und Berlin durchsetzen.

    Auch die Finanzierung von Elektro-Fahrrädern die man überall immer mehr sieht, wäre für Grüne mit Ahnung von Geld kein Problem. Doof nur das die Grünen mit Geld wohl Arbeiten und Steuern bezahlen und nur der Rest von der Gemeinschaft leben will.... .

    Der wahre Grüne zersetzt das System ohne gewählt zu sein. Die Grüne Basis lehnt Internet und Apps als Organisations-Instrument aber anscheinend ab.

    Oder man hilft Leuten an gebrauchte und günstige Elektrorollstühle zu kommen. Oder man belegt alle Obi-Parkplätze mit Lastenfahrrädern bis Obi einen WiFree-Super-HotSpot auf dem Dach errichtet. Aldis und Lidls haben noch viel weniger Parkplätze. 0 Pöstchen needed und keine Landesgesetze. Tja. Schon traurig wie Protestler den Weg der Schillpartei (Erst Aufstieg, dann Establishment, dann Untergang) gehen. Wenn ich Grüner wäre, würde ich aufmucken und Selbstorganisation ohne Anführer organisieren.

    Jammern und Pensionen kassieren ist ja so viel nachhaltiger und grüner... .

  • E
    ex-grünen-waehler

    Naja, dann wird ja alles gut und wie gehabt: Rotgrün wird wohl regieren, die Verlängerung der A 100 wird gebaut, zum Ausgleich bekommen die Grünen einige Busspuren bzw. Fahrradstreifen mehr oder es werden ein paar zusätzliche Sozialarbeiterstellen in der Migrationsindustrie geschaffen und alle abgelehnten Asylbewerber dürfen hierbleiben, womit ja Herzensanliegen der Grünen erfüllt wären. Aber Hauptsache das linksgrüne Wählerklientel ist mit der Absage an die CDU beruhigt und die Alt-68er können noch ruhiger schlafen. Arme Grüne, wer die noch wählt ...

  • E
    Ernst

    Ach die Künast, Opportunismus par excellence. Einmal hüh! und dann wieder hott! Und erst das Bild auf dem Plakat? So sieht die Dame noch nicht mal am Weihnachtsabend aus. Was Photoshop alles so glätten kann? Aalglatt kann ich da nur sagen. --- Jetzt werde ich erst recht die Piraten wählen.

  • T
    thonixy

    Vor Monaten wollte die Spitzekandidatin der Grünen noch flächendeckendes Tempo 30 in Berlin, heute im Mo:Ma sollte es nur noch vor Schulen sein und nicht so ausgedehnt wie von Rot-Rot begonnen. Arme Renate! Roll Back ala Joschka?

  • M
    Martin

    Ich habe Briefwahl gemacht und auf Renate gesetzt.:-)

  • I
    Immigrant

    Es ist begrüssenswert, dass die Grünen das Handtuch werfen aus immigrantischer Perspektive. Die Grünen haben teils progressive Ideen, im großen und ganzen sind sie aber ein theorielose Angstpartei und deswegen ein Sorgenanlass.

  • E
    EnzoAduro

    Zu spät. Schon Briefwahl gemacht. Sonst hätte ich es mir vielleicht überlegt wieder die grünen zu wählen. Die Stimme ist verloren.