Großstadtlärm: Knatsch um's Knaak

Die Bewohner eines neuen Hauses direkt neben dem Knaack-Klub klagen über Lärm. Der Traditions-Klub in Prenzlauer Berg soll leiser sein - oder umziehen.

Garantiert zu laut für die Nachbarn vom Knaak: Die Reggae Band Calle 13 Bild: ap

Die Bar25 hat zugemacht, dem SO36 hat der Vermieter gekündigt - jetzt steht auch der Knaack-Klub in Prenzlauer Berg vor dem Aus. An der Rückwand des seit fast 60 Jahre existierenden Konzert-Klubs in der Greifswalder Straße wurde ein Wohnhaus gebaut. Weil es eine gemeinsame Wand mit dem Klub hat, scheppern die Bässe auch morgens um vier Uhr bis in ihre Schlafzimmer, sagen die neuen Bewohner. Das Ordnungsamt hat dem Klub in Greifswalder Straße deswegen strenge Lärmgrenzen auferlegt - dem käme er aber nicht nach, sagt Geschäftsführer Matthias Harnoß der taz: "Wenn wir runterregeln, bleiben die Gäste weg. Das käme einem langsamen Ausbluten des Klubs gleich."

Das Ende des Knaacks, das vor allem von Besuchern um die 20 frequentiert wird, will paradoxerweise der Chef des Ordnungsamts verhindern. Jens-Holger Kirchner (Grüne) ist Pankows Bezirksstadtrat für öffentliche Ordnung und sagt: "Der Knaack-Klub ist eine Institution, für die sich zu kämpfen lohnt."

Doch das Gesundheitsamt habe bei den neuen Nachbarn den Lärmpegel gemessen - und das Immissionschutzgesetz sei angesichts der Ergebnisse in diesem Fall eindeutig: Das Knaack muss leiser werden. Oder gehen. "Wir wollen den Knaack-Klub im Bezirk halten", erklärt Kirchner. Er hat viel telefoniert, am heutigen Donnerstag will er den Knaack-Gesellschaftern alternative Räume vorstellen, in die der Klub umziehen könnte. In Frage kämen mehrere leer stehende Brauereien des Bezirks.

"Wir wollen bleiben", betont hingegen Geschäftsführer Harnoß und verweist darauf, dass das Knaack seit 57 Jahren an dieser Stelle zum Feiern einlade. Wenn alles andere unmöglich sei, könnte er sich aber einen Umzug vorstellen. "Das ist dann aber in meinen Augen nicht mehr das Knaack", sagt er.

Als die schriftliche Lärmschutzauflage ins Haus geflattert kam, hat das Knaack kurzfristig alle Konzerte abgesagt und die Lautstärke der Musik gesenkt. Es kamen weniger Gäste; wer kam, der ging früher. Das Gerücht ging um, der Knaack-Klub habe schon zugemacht. Dagegen kämpft Harnoß. Die Lautstärke dreht er wieder auf, auf der Website knaack-fightklub.de stehen Vorwürfe gegen den Hausbauer, gegen die Mieter - und gegen das Bezirksamt. Denn beim Bauaufsichtsamt sieht Klub-Betreiber Harnoß die Hauptschuld für die Auseinandersetzung: "Die haben offenbar die Bauherren nicht informiert, dass sie nicht neben einem Wohnhaus, sondern direkt an einem Klub bauen."

Stadtrat Kirchner bestätigt das indirekt: "Die Architekten tragen die Verfahrenshoheit und somit auch die Schuld." Die Architekten hätten sich nicht das Grundstück vor Ort angeguckt, somit den Klub nicht gesehen und deshalb die Wände so geplant, als ob Wohnhaus an Wohnhaus stehe. Jetzt fehlt der Lärmschutz. Die Kosten, nachträglich einen einzubauen, schätzt Kirchner auf mindestens 300.000 Euro.

"Da könnte man jetzt eine Grundsatzdebatte vom Zaun brechen", sagt Kirchner. Stichwort Gentification. Wer wen verdränge. "Wir sollen hier ländliche Lebensmodelle durchsetzen", schimpft Kirchner, wenn er mal wieder von Zugezogenen angerufen werde, denen es etwa am durchsanierten Kollwitz-Platz nachts zu laut sei. "Hier ist Großstadt", regt sich der Stadtrat auf, atmet tief durch und sagt: "Sich aufzuregen nützt aber dem Knaack-Klub nichts." Stattdessen habe er eben nach neuen Räumen gesucht.

Wer spekuliere, könne sich auch verspekulieren, schreibt hingegen das Knaack auf seiner Website über die Baufirma. Mehrere Etagen des Nachbarneubaus sollen bisher noch nicht verkauft worden sein.

Der Anwalt der Wohnungskäufer wollte den Fall nicht kommentieren: "Es geht nicht um Schuldzuweisungen. Wir sind in Verhandlungen und wollen die konstruktiv lösen."

Bastian Brinkmann

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