Große schwedische Tageszeitung: Weniger fossile Werbung
Die große schwedische Zeitung „Dagens Nyheter“ schränkt Anzeigen von fossilen Unternehmen ein – auch nach öffentlichem Druck.
![Foto von Greta Thunberg auf dem Cover einer Zeitung Foto von Greta Thunberg auf dem Cover einer Zeitung](https://taz.de/picture/4731437/14/26985611-1.jpeg)
Sie habe die Anzeige vorher gesehen und darüber lachen müssen, erklärte die Klimaaktivistin. Denn sie sei ja geeignet, die globale Nachhaltigkeitskrise zu illustrieren. Und da ständig Unternehmen ihren Namen für Werbezwecke ausnützen würden, „dachte ich, da ist auch okay, wenn Dagens Nyheter und BMW die mithaben wollen“. Auf ihrem Instagram-Account wurde sie später deutlicher: „Es gab von mir ein Feedback und ich habe Vorschläge gemacht, dass man keine seriöse Klima- und Umweltberichterstattung haben kann, wenn man gleichzeitig klima- und umweltschädliche Werbung zulässt.“
Dagens Nyheter, das sich natürlich auch den Vorwurf von Doppelmoral einhandelte, kündigte bereits damals an, man werde „unsere Anzeigenpolitik unter Klimagesichtspunkten überarbeiten“. Ein erstes Resultat präsentierte das Blatt nun.
Nicht mehr an „prominenter Stelle“
So konsequent wie die linke Tageszeitung Dagens ETC, die schon seit 2019 keine Annoncen für fossile Produkte und Dienste mehr akzeptiert, ist man nicht. Und es gibt auch keinen grundsätzlichen Stopp für Werbung von Firmen der Erdöl- und Erdgasbranche, wie ihn der britische Guardian im vergangenen Jahr einführte. Aber Fossilanzeigen sollen nicht mehr an „prominenter Stelle“ erscheinen.
Grundsätzlich müsse außerdem der Inhalt aller Anzeigen zum Thema „seriös sein und eine nachvollziehbare Faktengrundlage“ haben. Konkret dürfe beispielsweise der angebliche Nutzen oder Vorteil eines Produkts für das Klima nicht übertrieben dargestellt werden, und man werde im Zweifelsfall die Nennung von Quellennachweisen für dort verbreitete Behauptungen verlangen.
Thema mehr in den Mittelpunkt
Redaktionschefin Anna Åberg will nicht ausschließen, dass man damit Anzeigenkunden verlieren werde. Man erwarte dafür aber, neue zu gewinnen. Die Neuausrichtung der Anzeigenpolitik des Blattes sei im Zusammenhang mit der künftigen redaktionellen Arbeit zu sehen. Man wolle das Thema Nachhaltigkeit mehr in den Mittelpunkt der Berichterstattung rücken: „Die Klimakrise ist die wichtigste Frage unserer Zeit. Damit werden bei uns auch die Bereiche Wissenschaft und Technik zentraler werden.“
Chefredakteur Peter Wolodarski verwies bei der Präsentation der neuen Policy auf Wünsche seitens der LeserInnen: „Eine der häufigsten Leserreaktionen, die wir in den letzten Jahren erhalten haben, war, dass wir die Klimakrise besser beobachten sollen und keine Werbebotschaften haben sollten, die in die entgegengesetzte Richtung gehen.“ Und Anzeigenchef Paul Brandenfeldt ergänzt: Von der Anzeigenbelegung her sei die Thunberg-Ausgabe vom 6. Dezember eine der besten Sonntagsnummern des letzten Jahres gewesen, „was beweist, dass unsere Kunden einen glaubwürdigen und nuancierten Kontext für ihre Werbung wünschen“.
Wichtiger Schritt, aber nicht genug
Als „wichtigen ersten Schritt“, der aber „natürlich nicht genug“ sei, kommentiert Julia Dittmann, Sprecherin der deutschen Initiative „Fossilfreie Medien“ die neue Anzeigenpolitik von Dagens Nyheter gegenüber der taz: „Wir fordern, dass die Verlage klare Regeln für ihre Anzeigen definieren und transparent machen. Das kann zum Beispiel über eine schwarze Liste für bestimmte Unternehmen laufen, deren Geschäftsmodell zu einem Großteil auf der Nutzung fossiler Energieträger beruht und deren Treibhausgasausstoß besonders hoch ist.“
Unter der Überschrift „Weg mit fossiler Werbung“ hatte die Initiative, der beispielsweise Fridays for Future, BUND und Verdi angehören, im Februar einen Aufruf veröffentlicht: „Deutsche Medienhäuser werdet klimaneutral!“ Laut Dittmann sei das Echo bislang gering: „Wir stehen mit der taz und dem Spiegel im Gespräch, die ja die Klimakrise auch in ihrer Berichterstattung ernst nehmen. Inwiefern sie unsere Forderungen umsetzen werden, wissen wir noch nicht. Das Nichtmelden der anderen großen Medienhäuser werten wir als Zeichen, dass sie sich dem Problem nicht stellen wollen.“
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