piwik no script img

Großdemonstration in IndonesienGegen den christlichen Gouverneur

Mehr als 200.000 konservative Muslime demonstrieren in Jakarta. Sie werfen Gouverneur Ahok Blasphemie vor. Auch Präsident Widodo zeigte sich bei der Versammlung.

Der Gouverneur soll gehen, fordern die Massen Foto: ap

Jakarta afp | Mehr als 200.000 konservative Muslime haben in der indonesischen Hauptstadt Jakarta gegen den christlichen Gouverneur der Metropole demonstriert. Staatspräsident Joko Widodo erschien am Freitag überraschend am Nationalmonument in der Innenstadt und rief die Menschenmassen auf, sich friedlich aufzulösen. Die Demonstranten jubelten, forderten aber in Gesängen den Rücktritt von Basuki „Ahok“ Tjahaja Purnama. Der Gouverneur ist ein politischer Verbündeter von Widodo, gegen ihn wird wegen mutmaßlicher Blasphemie ermittelt.

Zehn Menschen wurden bei dieser zweiten Großkundgebung innerhalb eines Monats festgenommen. Nach Angaben der Polizei waren 22.000 Beamte und 5.000 Soldaten im Einsatz, um für einen geordneten Protest zu sorgen. Eine erste Demonstration am 4. November mit 100.000 Menschen war in Gewalt umgeschlagen. Widodo war damals nicht anwesend gewesen, was muslimische Hardliner verärgert hatte – deshalb diesmal der Jubel.

Die Proteste gefährden Beobachtern zufolge das Image des Landes als moderatem islamischen Staat. Indonesien ist mit seinen 240 Millionen Einwohnern die bevölkerungsreichste muslimische Nation der Welt. Mehrere ausländische Regierungen hatten am Donnerstag ihre dort lebenden Staatsbürger aufgerufen, dem Massenprotest aus Sicherheitsgründen fernzubleiben.

Ahok hatte in einem im Internet erschienenen Video vor Publikum Witze über eine Passage im Koran gemacht. Später entschuldigte er sich dafür. Ihm droht nun aber ein Prozess. Er könne das Land nicht verlassen, solange de Fall anhängig sei, sagte ein Polizeisprecher. Blasphemie kann in Indonesien strafrechtlich verfolgt und mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Der Artikel erwähnt zwar 10 Festnahmen, sagt aber nichts zu deren Hintergründen. Diese Festnahmen erfolgten nicht auf der Demo selbst, sondern bereits im Vorfeld. Bei den Festgenommenen handelt es sich nicht um das Fußvolk der "Nachthemdtruppe", sondern um Führungspersönlichkeiten des dieser Demo nahestehenden politischen Spektrums in Jakarta.

    Verhaftet wurden u.a. die Aktivistin Ratna Sarumpaet, der irre Popmillionär Ahmad Dhani, der Politiker Sri Bintang Pamungkas sowie Rachmawati Soekarnoputri. Vorgeworfen werden ihnen lt. Polizei Bestrebungen zum Regierungsumsturz.

     

    Die religiöse Komponente des aktuellen Konflikts mag für viele der einfachen Demonstranten Priorität haben - die politischen Interessen dahinter sind jedoch vielschichtiger.

  • Das wars mit Indonesien als Musterbeispiel...

    • @Karl Heinz:

      Eigentlich war die Türkei Atatürks das Musterbeispiel. Und auch der Irak unter Saddam und Syrien unter Assad waren das was man getrost eine muslimische Nationen mit westlichen Standarts hatte nennen können.