Großbritannien: "Blair Babe" leitet Cobra-Krisenstab
Kaum im Amt, ist die junge britische Innenministerin Jacqui Smith nun für die Untersuchung der drei Anschlagsversuche zuständig.
BERLIN taz Sie war keine 24 Stunden im Amt, als die Meldung des versuchten Anschlags auf die Londoner Diskothek eintraf. Jacqui Smith, die der britische Premierminister Gordon Brown am Donnerstag zur ersten Innenministerin in der britischen Geschichte ernannt hat, musste noch in der Nacht ihre erste Presseerklärung veröffentlichen.
"Die Polizei hat deutlich gemacht, dass der wichtigste Beitrag, den die Öffentlichkeit leisten kann, Wachsamkeit und die Meldung alles Verdächtigen sei", schrieb sie darin. "Ich muss betonen, dass wir uns von der Terrorgefahr nicht davon abbringen lassen dürfen, ganz normal weiterzumachen." Nach den Londoner Anschlägen vor fast genau zwei Jahren, bei denen 56 Menschen starben, hatte ihr Vorgänger eine gleichlautende Erklärung abgegeben.
Smith leitete am Freitag den Cobra-Krisenstab der Regierung, der zum ersten Mal seit den Anschlägen von 2005 wieder zusammentrat. Er besteht aus Ministern, hochrangigen Polizisten, Geheimdienstmitarbeitern und Beamten, die die Jagd auf die Terroristen koordinieren. Am Nachmittag traf sich das Kabinett zu einer knapp zweistündigen Sitzung. Die neue Terrorgefahr wurde dabei jedoch in einer Viertelstunde abgehandelt, sagte Smith. Danach ging es um organisatorische Fragen im neuen Kabinett.
Smith wurde 1962 in Malvern geboren. Dort besuchte sie die Dyson Perrins High School, später studierte sie Philosophie, Politik und Wirtschaft in Oxford. 1997 wurde sie zur Fachleiterin für Wirtschaft an der Haybridge High School befördert. Im selben Jahr zog Smith, die mit 18 in die Labour Party eingetreten war, für den Wahlkreis Redditch als eins der "Blair Babes" ins Parlament ein. Der Begriff, der von den Medien geprägt wurde, bezeichnet jene Gruppe von Frauen zwischen 30 und 40, die aufgrund des überwältigenden Labour-Wahlsiegs in Blairs Windschatten ins Unterhaus kamen.
Ihr Aufstieg war rasant. Zunächst arbeitete sie im Finanzausschuss für den damaligen Schatzkanzler Gordon Brown und wurde dann zur Unterstaatssekretärin für Bildung ernannt. 2003 wechselte sie ins Ministerium für Handel und Industrie und nahm gleichzeitig den Posten als stellvertretende Staatssekretärin für Frauen und Gleichberechtigung an. In dieser Funktion bereitete sie die Gesetzesvorschläge für gleichgeschlechtliche Ehen vor. Nach den Wahlen vor zwei Jahren wurde Smith Fraktionsführerin im Unterhaus - keine leichte Aufgabe, nachdem die Labour-Mehrheit von 190 auf 55 geschrumpft und es umso wichtiger geworden war, rebellische Hinterbänkler bei umstrittenen Entscheidungen auf Regierungskurs einzuschwören.
Trotz ihrer steilen Karriere war Smith bis zu ihrer Ernennung als Innenministerin in der Öffentlichkeit relativ unbekannt. Sie ist erst die dritte Frau auf einem der drei höchsten Posten im Kabinett. Die anderen beiden sind Margaret Thatcher als Premierministerin und Margaret Beckett, die bis Donnerstag Außenministerin war, bei der Kabinettsumbildung aber nicht mehr berücksichtigt wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!