Großbritannien: Schockbilder gegen das Rauchen
Mit abschreckenden Bildern auf Zigarettenschachteln will London ab 2008 das Rauchen abgewöhnen. Schon fordern Forscher Gleiches für Deutschland.
Ein Kind mit Qualm vor der Nase, ein nackter Fuß unterm Leichentuch oder das Röntgenbild einer Raucherlunge: Mit abschreckenden Bildern auf Zigarettenschachteln will in einem Jahr auch Großbritannien das Rauchen bekämpfen, wie Gesundheitsminister Alan Johnson am Mittwoch ankündigte. Prompt verlangte das Deutsche Krebsforschungszentrum solche Bilder auch für Deutschland.
Ab Herbst 2008 sollen die Fotos auf Zigarettenpackungen im Vereinigten Königreich zu sehen sein. Es sind 15 verschiedene Bilder die Gefahren des Rauchens illustrieren sollen. Ein verschrumpelter Apfel, der Auswirkungen auf die Haut veranschaulichen soll, ist noch das harmloseste Motiv. Über die Bilder durfte die Öffentlichkeit mitentscheiden. Bisher gab es in Großbritannien genau wie in Deutschland die schriftlichen Warnhinweise, die eine EU-Richtlinie vorschreibt.
Seit Juli müssen schon in Belgien alle Packungen mit Schockbildern versehen sein. Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg fordert sie auch für Deutschland: "Wir brauchen die Bilder auch für Deutschland, weil viele Menschen bildorientiert sind", sagte Martina Pötschke-Langer, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention des Forschungszentrums am Mittwoch der taz.
Nach der EU-Richtlinie muss der Warnhinweis auf der Vorderseite einer Schachtel 30 Prozent und auf der Rückseite 40 Prozent der Fläche ausmachen. "Noch wirkungsvoller wäre es, wenn auf beiden Seiten 50 Prozent nur Bilder wären", sagte Pötschke-Langer. Zudem gehörten sie in den oberen Bereich der Schachtel, da sie sonst in Regalen nicht zu sehen seien. "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte." Die Medizinerin wies darauf hin, dass ein Raucher pro Jahr rund 7.000 Mal eine Schachtel in die Hand nähmen und damit die Bilder sähen.
Kanada und Brasilien waren die ersten Länder, die von der Tabakindustrie Schockfotos verlangten. Die Zigarettenindustrie lehnt sie ab. Titus Wouda Kuipers, Deutschlandchef von Reemtsma ("West", "P & S"), hatte Mitte Juni im taz-Interview kritisiert, derartige Bilder dämonisierten Zigaretten und Raucher. "In Kanada und anderen Ländern, wo mit abschreckenden Bildern auf Zigarettenschachteln vor Gesundheitsgefahren gewarnt wird, haben Kinder angefangen die Bilder zu sammeln. Ich weiß auch nicht, ob das im Verhältnis zu den Risiken unseres Produktes steht."
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