Grimme-Online-Award: Sieg für die Plagiatsjäger
Die Gewinner des diesjährigen Grimme-Online-Preises überraschen wenig - erwartungsgemäß gewann unter anderen das GuttenPlagWiki.
Diese Seite war wie geschaffen für einen Preis. Auf ihr erfüllte sich alles, wovon Netzevangelisten träumen: Eine Masse von Nutzern recherchiert, demonstriert den Massenmedien, wie Kollaboration im Netz funktioniert - und erreicht am Ende sogar, dass der populärste deutsche Minister wegen seines Fehlverhaltens zurücktreten muss.
Daher war es wenig überraschend, dass das GuttenPlagWiki, die Seite, die belegte, dass Exverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben hat, am Mittwochabend mit einem Grimme-Online-Award ausgezeichnet wurde.
Schon bei der Vorstellung des Projekts bei der Preisverleihung wurde das GuttenPlagWiki vom Publikum beklatscht, die Jury lobte die faire und unvoreingenommene Arbeitsweise der Administratoren. "Ich glaube, das liegt daran, dass ein großer Teil der Gesellschaft die Arbeit des Wikis unterstützt", sagte Tim Bartel, der den Preis im Namen von GuttenPlagWiki entgegennahm, am Donnerstagvormittag auf einer Online-Pressekonferenz.
Ähnlich zukunftsweisend war auch die Entscheidung auf dem zweiten Platz des Spezial-Preises: Dort wurde ein Datenjournalismus-Projekt von Zeit Online ausgezeichnet: ein interaktives Angebot, in dem exemplarisch die Vorratsdaten eines Grünen-Politikers visualisiert wurden.
Finanzierte Angebote verdrängen Eigeninitiative
In der Sparte "Information" zeigte sich die Jury konservativ: Sie kürte die Homepage von "Deutschlandradio Wissen" zum besten Angebot in der Sparte Information. Inhaltlich zwar durchaus verständlich, da deren Seite und Programm zwar innovativ und stark netzorientiert sind. Schade allerdings, dass dieses kräftig gebührenfinanzierte Angebot das politisch engagierte "Lawblog" des Düsseldorfer Anwalts Udo Vetter auf den zweiten Platz verdrängte.
Ähnlich gewichtete die Jury auch in der Sparte Wissen und Bildung: Hier zeichnete sie das Arte-Projekt "Prison Valley", eine Webdokumentation über einen US-Örtchen, in dem Gefängnisse Motor der lokalen Wirtschaft sind. Einerseits eine erfreuliche Entscheidung, da Arte zwar wenig beachtet, aber unermüdlich ihre Dokus aufwändig interaktiv für das Netz aufarbeitet. Doch auch hier verwies das öffentlich-rechtliche Angebot das kleine "Neusprechblog" auf den zweiten Platz. In diesem Projekt sezieren der Zeit-Online-Journalist Kai Biermann und der Linguist Martin Haase auf unterhaltsamem Wege Politsprech.
Leser*innenkommentare
guntherkummerlande
Gast
Kürungen und Preisverleihungen dienen immer
eher der Jury und der dahinterstehenden
Lobbygruppen als den Gewinnern.
Deutschland sucht den Superstar,
Germany's next Topmodel,
etwaige Kochshows,
Dschungelcamp etc. - die Moderatoren
und Sendestudios können hier Profilneurose,
Quotenkickstarts betreiben. An die vielen
Stars und Gewinner hingegen erinnert man sich kaum
noch und echte Weltkarrieren waren wohl
eher die Ausnahme.
Koch-Mehrin und ein Bundeswehrdozent (Brinkmann)
sind auch der Verletzung des Urheberrechts
überführt und müssen nun ebenso drastisch
Konsequenzen ziehen, wie Gutenberg.
Fairness muß sein.
Die Bauchbepinselei mit den Preischen können
sie sich sparen, wenn damit Abschwächung des
Protests gegen weitere Plagiatoren erzielt werden
soll!
Andrea Beckers
Gast
Sehr geehrte Redaktion,
innerhalb der verschiedenen Kategorien gibt es keinen ersten oder zweiten Platz. Die Preisträger sind alphabetisch aufgeführt und die Preise völlig gleichwertig.
Mit Grüßen, Andrea Beckers
Wunderlich
Gast
Liebe TAZ,
wann werdet Ihr Euch endlich trauen bei derartigen Artikeln auch Links zu den erwähnten Projekten zu setzen? Mit target="_blank" würde der geneigte Leser Eure Seite auch gar nicht verlassen...
Enttäuschend -seufz- ...
Ansonsten: Dankeschön ;)