Griechische Staatsschulden: Berlin verzögert letzte Zahlung
Wegen eines Steuererlasses für einige griechische Inseln muss der Bundestag Gelder erneut freigeben. Die Opposition wittert ein „Sommertheater“.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) konnte nicht zustimmen, weil der Haushaltsausschuss des Bundestags einer kurzfristigen Änderung im griechischen Reformprogramm zustimmen muss. Athen wird die Mehrwertsteuer auf fünf Inseln in der Ostägäis zwar wie geplant von 17 auf 24 Prozent anheben, allerdings erst Ende des Jahres und nicht schon im Sommer.
Als Grund wird die besondere Belastung der Inseln in der Flüchtlingspolitik angegeben. Durch die Verzögerung gehen dem Fiskus Einnahmen in Höhe von 28 Millionen Euro verloren, die die griechische Regierung allerdings andernorts einsparen will.
Dennoch haben die Regierungsfraktionen im Bundestag für den 1. August eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses einberufen, um die Änderungen freizugeben, so schreiben es die ESM-Regeln vor. Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Otto Fricke, befürchtet, dass es eine Absprache zwischen Kanzlerin Merkel und dem griechischen Premier Tsipras über die verzögerte Mehrwertsteuererhöhung gegeben habe.
Probleme für griechische Banken
„Wenn es einen Deal gab, hätte die Kanzlerin das im Interesse Europas transparent machen müssen“, kritisiert Fricke. „Quantitativ mögen 28 Millionen Euro sicher nicht ins Gewicht fallen“, sagte Fricke der taz. Aber eine einseitige Nichteinhaltung der Vereinbarung würde etwas über die Vertragstreue Griechenlands aussagen.“
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Eine Einschätzung, die in anderen Bundestagsfraktionen nicht geteilt wird. Sven-Christian Kindler, Haushaltssprecher der Grünen im Bundestag, sagte der taz. „Die griechischen Inseln im Osten der Ägäis leisten mit der Erstaufnahme der Geflüchteten viel für Europa.“ Daher sei es „verständlich, dass die griechische Regierung sie wenigstens finanziell für weitere sechs Monate etwas unterstützen und dafür an anderer Stelle die Einsparungen vornehmen will“.
Linken-Haushaltspolitikerin Gesine Lötzsch sprach gar von einem „Sommertheater“ und prophezeite, der Ausschuss werde sich nicht querstellen. Sinnvoller als die Mehrwertsteuererhöhung sei ohnehin die von der griechischen Regierung vorgeschlagene Senkung der Rüstungsausgaben.
Allerdings muss die griechische Regierung nun weiter auf die letzte Zahlung warten, bevor das ESM-Programm am 20. August ausläuft. Die Athener Zeitung Kathimerini schrieb am Donnerstag: Die griechischen Banken würden den Zugang zu billiger Liquidität verlieren – und das Land die Chance, am Anleihenkaufprogramm der EZB teilzunehmen. Eine teure Verzögerung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung