Griechische Medien-Tycoons: Alles fließt
Griechische Superreiche türmen hohe Schulden auf, um im Medienmarkt mitzuspielen. Warum sich das Business der „Oligarchenmedien“ für sie trotzdem lohnt.
Rund 160 private Fernsehsender, über eintausend private Radiosender, Hunderte Zeitungen, unzählige Nachrichtenportale: Erdrückend ist das Angebot von Privatmedien in Griechenland mit seinen zehn Millionen Einwohnern.
Dennoch belegt Hellas in der Weltrangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen für 2024 den beschämenden Platz 88 – hinter Niger, Katar sowie Burkina Faso – und ist bereits im dritten Jahr in Folge das Schlusslicht unter 27 EU-Ländern. „Griechenland steckt in Sachen Pressefreiheit seit 2021 in einer systemischen Krise“, so Reporter ohne Grenzen.
Warum ist das so? Erstmals deckte das investigative Athener Reporter-Netzwerk Solomon in einer aufwendigen Recherche auf, wem die führenden griechischen Medien gehören.
Dafür nahm Solomon zwölf griechische Geschäftsleute unter die Lupe. Diese besitzen 762 Firmen in 14 verschiedenen Branchen in 32 Ländern. Davon sind 386 Firmen in Griechenland ansässig. 122 Firmen der Medienmogule haben ihren Sitz auf Zypern, 61 auf den Marshallinseln, 38 in Russland, eine Firma in China. Nach Wirtschaftsbranchen dominiert die Schifffahrt mit 164 Firmen. Es folgen 153 Firmen im Finanzsektor sowie 114 im Energiesektor.
Desaströse Finanzen
Die sechs privaten Fernsehsender mit landesweiter Sendelizenz gehören fünf griechischen Tycoons. Mit Vardis Vardinogiannis (Star, Alpha), Jannis Alafouzos (Skai), Vangelis Marinakis (Mega) sowie Theodoros Kyriakou (Antenna) sind vier Medienbesitzer steinreiche Reeder. Der kürzlich verstorbene Vardinogiannis kontrolliert dabei 155 der 762 von Solomon entdeckten Firmen.Die genannten Sender stehen bei den Geschäftsbanken tief in der Kreide. Die meisten Kreditschulden hat Antenna mit 169.688.113 Euro. Es folgen mit jeweils um die 50 Millionen Euro Verbindlichkeiten Star, Alpha sowie Skai, es folgt Mega mit gut 30 Millionen sowie Open mit einer halben Million.
Wieso sind Griechenlands Oligarchen bei dieser desaströsen Finanzlage so stark im griechischen Medienmarkt aktiv? Die Experten sind sich einig: Den Oligarchen geht es mit ihrem Engagement darum, Einfluss auf vornehmlich jene Parteien zu nehmen, die die Regierung in Athen stellen oder stellen werden. Im Gegenzug für eine betont wohlwollende Berichterstattung erwarten die Großunternehmer einträgliche Staatsaufträge für ihre Firmen, üppige Staatsgelder für ihre rote Zahlen schreibenden Medien oder die Befreiung von den Gebühren für ihre TV-Sendelizenz. Getreu dem Motto: „Eine Hand wäscht die andere.“
Wer eine unabhängige, kritische Berichterstattung der Oligarchen-Medien erwartet, der tut dies vergeblich. Genauso wie die Oligarchen-Medien die Politik mit Samthandschuhen anfassen, werden die Oligarchen nicht mit kritischen Beiträgen konfrontiert. Zensur und Selbstzensur pur.
Ein ins Auge springendes Beispiel: Wie der Teufel das Weihwasser meiden die großen Athener privaten Fernsehsender seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Frühjahr 2022 Berichte, wonach griechische Öltanker – darunter jene, die in Besitz der griechischen Medienmogule sind – trotz der EU-Sanktionen russisches Öl transportieren.
Und dies, obgleich internationale Medien wie die New York Times diese Machenschaften schon längst enthüllt haben.
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