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Griechische Finanzen30 Cent für einen Euro

Erstmals schließt Griechenland auch radikalere Lösungen wie einen Schuldenschnitt von 50 Prozent nicht aus. So könnte der Verbleib in der Eurozone gesichert werden.

Energisch: Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos. Bild: dapd

ATHEN dpa | Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos soll erstmals über eine geordnete Umschuldung Griechenlands mit einem Schuldenschnitt von 50 Prozent gesprochen haben. Dies berichteten übereinstimmend mehrere griechische Medien am Freitag.

Der US-Ökonom Kenneth Rogoff hält einen Schuldenschnitt für unvermeidlich. Der niederländische Notenbankchef Klaas Knot schließt unterdessen eine Pleite Griechenlands nicht mehr aus. "Dies ist eines der Szenarien", sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) in einem Interview mit der niederländischen Wirtschaftszeitung "Het Financieele Dagblad".

"Ich war lange davon überzeugt, dass ein Konkurs nicht erforderlich ist", sagte Knot nach Angaben der Zeitung. "Die Nachrichten aus Athen sind jedoch zuweilen nicht ermutigend. Alle Anstrengungen sind darauf gerichtet, dies zu vermeiden, aber ich bin nun weniger entschieden beim Ausschließen eines Konkurses, als ich das noch vor ein paar Monaten war."

Griechenland habe noch keinen glaubwürdigen Plan zur Wiederherstellung vorlegen können. "Das scheint mir kein böser Wille sein, aber es gibt Zweifel an der Qualität der Behörden und daran, dass die Politik das Land ausreichend im Griff hat."

Den Gläubigern Griechenlands steht nach Ansicht von US-Ökonom Kenneth Rogoff ein harter Schuldenschnitt bevor. Athen werde seine Verpflichtungen nicht erfüllen können, sagte der Harvard-Professor und Experte für Staatsverschuldungen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). "Die Gläubiger werden von einem Euro nominalen Schulden wahrscheinlich nur 30 oder 40 Cent wiedersehen, vielleicht noch weniger", erwartet Rogoff. "Das ist unvermeidlich."

Venizelos wollte am Freitag in New York der IWF-Chefin Chrstine Lagarde sowie Bankern die neuesten Sparbeschlüsse seiner Regierung präsentieren. Dies teilte sein Büro in Athen mit. Zudem will Venizelos für die Beteiligung von amerikanischen Banken bei der Beteiligung des privaten Sektors (PSI) an dem im Juli geschnürten zweiten Hilfspaket werben.

Die IWF-Experten wollen in der kommenden Woche zusammen mit EU- und EZB-Fachleuten in Athen prüfen, wie ernst es Griechenland mit dem Sparen meint. Gibt die "Troika" kein grünes Licht, bekommt Griechenland die nächste Acht-Milliarden-Tranche aus dem ersten Hilfspaket nicht - und das Land wäre im Oktober zahlungsunfähig.

Schuldenschnitt müssen andere vorschlagen

Venizelos erörterte den Athener Medien zufolge am Vortag den Abgeordneten seiner Partei verschiedene Szenarien. Eines davon sei der Verbleib des Landes im Euroland mit einem Schuldenschnitt von 50 Prozent, berichteten die regierungsnahe Athener Zeitung "Ta Nea", das Boulevardblatt "Ethnos" und die Online-Nachrichtenseite "in.gr" am Freitag. "Ta Nea" zitierte den Minister mit dem Satz: "Wir (in Athen) sollten aber nicht diejenigen sein, die dies ins Gespräch bringen. Es ist gefährlich.

"Venizelos Büro reagierte mit einer der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Erklärung, in der er sich zu den Zielen der Beschlüsse der EU bekennt und hinzufügt: "Alle diese Diskussionen, die Gerüchte, die Kommentare und Szenariern lenken ab vom zentralen Ziel." Dies sei für Griechenland die Fortsetzung seiner Sparpolitik.

Venizelos und sein Regierungschef Giorgos Papandreou müssen auch in den eigenen Reihen der sozialistischen Regierungspartei für die Notwendigkeit abermals neuer harter Sparmaßnahmen zu gewinnen. In der regierenden Partei gibt es gewaltigen Widerstand gegen die neuen Sparmaßnahmen. Eine Abstimmung zur neuen Sonder-Immobiliensteuer musste wegen angeblicher Krankheit mehrerer Abgeordneter der Regierungspartei für nächste Woche vertagt werden.

Die so genannte EU-Taskforce für Griechenland wird dem Land nach Überzeugung ihres Chefs Horst Reichenbach helfen, künftig seine Hausaufgaben besser zu machen. Die Taskforce könne dazu beitragen, dass die "Troika" künftig auf weniger Probleme stößt, wenn es darum geht, die Fortschritte bei der Schuldensenkung Griechenlands zu überprüfen.

"Das Troika-Drama, das wir jetzt erleben, darf sich nicht alle drei Monate wiederholen. Das muss reibungsloser ablaufen als dieses Mal. Die Griechen haben das hoffentlich verstanden, und ich will sie dabei unterstützen, ihre Hausaufgaben bis Dezember zu machen", sagte Reichenbach in der "Handelsblatt"-Onlineausgabe. "Wenn die Troika im Dezember nach Athen fährt, sollte alles soweit bereit sein, dass sie nur noch ihre Häkchen machen muss."

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9 Kommentare

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  • R
    reblek

    Angesichts der Tatsache, dass vermögende Griechen allein in der Schweiz 600 Milliarden Euro gebunkert haben sollen, die an der griechischen Steuerbehörde vorbeigeschmuggelt wurden, gibt es doch ein ganz schönes Potenzial, um die Krise zu meistern. Aber der Griff in diese Kassen hätte selbstverständlich nichts mit der in solchen Fällen üblichen Sozialisierung der Verluste zu tun, sondern würde die Verantwortlichen bei den Hammelbeinen packen.

  • L
    Lexi

    Leute, macht euch langsam mit folgendem Gedanken vertraut: Nicht nur Griechenland, sondern die GESAMTE Eurozone macht einen Schuldenschnitt, indem es einen Zwangsumtausch der bisherigen Staatsanleihen in Euro-Bonds mit einem Abschlag von (mindestens) 50% gibt (und zwar bei ALLEN Euro-Ländern!). Wer dann noch über den Maastricht-Kriterien liegt, der muss sich von den anderen in die nationale Haushaltspolitik hinein reden lassen. Das wird dann aber zunächst nur noch zwei Staaten betreffen: Griechenland und Italien. Dort besteht offensichtlich am meisten Bedarf, sich an europäische Standards anzugleichen. Als nächster Schritt kommt eine Wirtschaftsregierung, die dafür sorgt, dass ein Ausgleich stattfindet und es einigermaßen gerecht zugeht. Dann kann aber nicht nur die Schuldenquote ein Kriterium sein, sondern auch die Leistungsbilanz. Dann müssen die PIIGS eben mehr sparen und D muss endlich einen Mindestlohn einführen und den Binnenkonsum ankurbeln, statt mit Lohndumping die ganze EU auszubeuten. Der Euro ist nicht das Problem, sondern die Lösung! Zuvor kommt noch das Downsizing der Banken. Vor der Integration Europas haben Wall Street und die City mehr Angst als der Rest der Welt zusammen genommen, weil es deren Vorherrschaft beendet. Deshalb wird um Griechenland die Panik geschürt. Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert (Kontinental-)Europas sein. Aber nur dann, wenn wir es schaffen, aus der Eurozone Euroland zu machen. Die Integration ist wichtig und richtig. Durch die Geburtswehen müssen wir jetzt durch.

  • Q
    quarktasche

    @Hinterher ist man schlauer

     

    Ein Staat ist aber kein Unternehmen und ihr Kommentar hat BLÖD-Zeitungs-Niveau.

  • V
    vic

    "Notenbankchef Klaas Knot schließt unterdessen eine Pleite Griechenlands nicht mehr aus"

    Aber aber. Das heißt nicht Pleite, das heißt geordnete Insolvenz.

  • N
    Naphta

    Nette Ideen: Griechenland bekommt 240 Mrd.Euro seiner Schulden erlassen, erhält zusätzlich 2 x 100 Mrd. Euro Kredite aus den Hilfspaketen, die natürlich auch nicht zurückgezahlt werden können und das macht mal laue 440 Mrd. Euro.

    Dabei sind die EZB- Gelder (s. Target 2) noch gar nicht berücksichtigt.

    Finanzminister Venizelos taktiert mit seinen kosmetischen Sparoperationen nur herum, bis alle Hilfskredite in Athen eingetroffen sind, Danach wird dann die Karte Insolvenz gespielt.

    Im Saldo bekommen die Griechen ca. 500 Mrd Euro geschekt, das entspricht pro einwohner 50 000 Euro und würde reichen in Deu und Fra etwa 10 Millionen Arbeitsplätze mit einem Jahreeinkommen von eben 50 000 Euro zu schaffen. Absurde Vorgänge, die Rot-Grün mit einer Transferunion und Eurobonds sogar auf Dauer etablieren wollen. Armes Deutschland!

  • GV
    gewinner verlieren

    Ich möchte nicht sarkastisch klingen, aber ehrlich gesagt. Ich finds klasse. Alle die jetzt Geld in Griechische Anleihen gesteckt haben verlieren jetzt vielleicht etwas. Denn das sind ausschließlich Menschen die soviel Geld besitzen dass sie damit pokern können. Die Umverteilung der Reichtümer vom kleinen Otto Steuerzahler der indirekt die Rendite der reichen über Ihre Griechenlandanleihen bezahlt hat nämlich kein Geld das er investieren könnte.

  • Y
    yberg

    wer in unsrem land nach dem aufbau ost,dauerbaustelle mit immer noch notwendigem liquiditätszufluß in milliardenhöhe,den volkswirtschaftlichen voraussagen der politiker,sachverständigen,demoskopen und sonstiger roßtäuscher glauben schenkt,soll auch an die rettung griechenlands glauben.

     

    so wenig der pleitebundesstaat kalifornien den dollarraum verlassen muß,is es notwendig,daß ein europäischer staat den euroraum verläßt,wenn er ökonomisch in die grütze geht.

     

    wir haben doch jetzt schon bei uns hier pleite kommunen,die den staatskommisar fürchten müssen.war da schon mal die rede davon,daß wir die aus dem euroraum schmeißen,

     

    hätten wir finanzunternehmen,die ihren namen verdienen und nicht die üblichen verdächtigen großcasinos mit krankgeschrumpften und ausgelagerten serviceabteilungen für die realwirtschaft,müßten wir bürger unserem namen nicht ehre machen.

     

    im gegensatz zu den eigentümern des anlagevermögens unserer wirtschaft,sind alle unsre europäischen staaten getriebene ihrer verschuldung.

     

    die never ending wachstumsparty ist vorbei,das licht wieder eingeschaltet,aber beim tanz ums goldne kalb hamn unsre verantwortlichen den durchblick verloren und geraten nun in panik.

     

    wer darüberhinaus die steuerzahler weiter verarscht,siehe schweizabkommen,und zig milliarden verschenkt,wie man lesen kann,wird von bürgern nicht ernst genommen und für weitere verschwendung zur bankenrettung und politiker rettung unterstützung erfahren.

  • IN
    Ihre Namen

    ...wer rechnen kann ist klar im Vorteil:

    "30 Cent für 1 Euro"

    "Schuldenschnitt von 50%"

    30/100 = 30% != 50%

  • HI
    Hinterher ist man schlauer

    Wenn Quelle oder eine AG pleite geht, wird der Insolvenzverwalter zum Alleinherrscher und verschachert alles und die Eigentümer kriegen (ausser heute im US-Senat eine insolvente US-Solarfirma) die Reste nachdem alle anderen bezahlt wurden.

    Wessen Haus pleite geht, dem wird es weggenommen und zwangsversteigert.

    Wer seinen Ferrari nicht abbezahlt wird weggenommen.

     

    Kein griechischer Beamter wird den Rest seines Lebens im Trailer-Park leben oder zuschauen wie sein Haus oder Firma versteigert wird, wie es für Pleite-Amerikaner und Europäer üblich ist.

     

    Und daher darf ein Staat grundsätzlich niemals Schulden schneiden.

    Es gibt viel bessere Ideen ohne Enteignung und ohne Schuldenschnitt und ohne Sozial-Einschnitte. Die sind nur nirgendwo wirksam verkündbar.

     

    Und als Folge können und müssen die Banken EURE Zinsen und EURE Gebühren im Namen von Schulden-Griechen-Beamten anheben die einen Tag später wieder neue Schulden machen.

    Wenn schon schuldenschnitt, darf niemand Griechenland mehr Kredite geben bis die geschnittenen Schulden mit Zins endgültig vollständig zurückgezahlt wurden. Wer Arbeitlos ist, sollte ja auch keine Kredite mehr bedienen müssen bis er wieder was verdient. Es gibt wohl auch noch ein paar bessere Ideen.

    Nur gibt es keine Presse der es nicht egal ist und Politiker mal zu vernünftigen Lösungen (staatliches Kredit-Nomadentum ist KEINE Lösung) bewegt.