piwik no script img

Griechenland und SparpaketWeiter zittern in Athen

Das Parlament in Griechenland stimmt für das Sparpaket. Beim Votum über den Etat könnte es jedoch noch knapper werden.

Rollstuhlfahrer protestieren am Mittwoch in Thessaloniki gegen die Sparmaßnahmen der Regierung. Bild: dapd

Es war ein Erfolg für die Drei-Parteien-Regierung unter Griechenlands konservativem Ministerpräsidenten Antonis Samaras. Doch die einst komfortable Mehrheit des Premiers im Parlament schrumpfte bei der Abstimmung über das neue Sparpaket am Mittwochabend auf nur noch 153 von 300 Abgeordneten.

Der Grund: Aus Protest gegen die im Gesetzentwurf vorgesehene Liberalisierung des Arbeitsmarkts enthielten sich alle 16 Abgeordneten des kleineren Koalitionspartners Demokratische Linke der Stimme oder votierten sogar dagegen.

Enthaltungen gab es auch in den Lagern der konservativen Nea Dimokratia und der sozialistischen Pasok-Partei. Alle Abweichler wurden aus ihrer Fraktion ausgeschlossen.

Stellen Führungsqualitäten in Fragen

Vor allem bei den Sozialisten, die schon lange in innerparteilichen Streitereien versinken, sorgt die Nulltoleranz-Haltung für Turbulenzen. In aller Öffentlichkeit stellen mehrere Pasok-Abgeordnete die Führungsqualitäten ihres Parteichefs Evangelos Venizelos infrage.

So erklärte etwa der bei den Wählern beliebte ehemalige Gesundheitsminister Andreas Loverdos über Twitter, bei den Sozialisten würde es an der richtigen Strategie mangeln. In einem Schreiben an Venizelos verlangte er zudem, dass die Fraktion außerplanmäßig zusammenkommen und „Veränderungen auf allen Ebenen“ prüfen solle.

Mimis Androulakis, ein Exkommunist, der in der Pasok-Partei treue Anhänger hat, erklärte am Donnerstag in einem Radiointerview seinen Austritt aus der Fraktion. „Ich möchte zu einer Umstrukturierung der Linken beitragen und nicht ein Teil des Problems in der Pasok-Partei sein“, klagte Androulakis. Er kokettiert wohl mit einem Wechsel zur Linksopposition.

Gegen Venizelos wetterte unlängst auch der alte Kämpe Giorgos Panagiotakopoulos – ein Vertrauter des verstorbenen Parteigründers Andreas Papandreou, der seiner eigenen Politgruppe namens Linke Initiative innerhalb der Pasok vorsitzt. „Die Sozialisten begehen politischen Selbstmord und sollten diese Koalitionsregierung sofort verlassen“, empörte sich der Parteiveteran.

Auch zwischen den Sozialisten und der Demokratischen Linken, dem Juniorpartner der Athener Links-rechts-Koalition, gibt es Grund zum Streit. Viele Pasok-Politiker werfen den Linksabgeordneten vor, mit ihrer Enthaltungspolitik Opposition in der Regierung zu betreiben und dadurch die Koalition zu schwächen.

„Was wäre passiert, wenn wir Sozialisten vor der Abstimmung auch gesagt hätten, wir machen jetzt mal Ruhepause und enthalten uns der Stimme? Das Land wäre heute pleite“, klagte der junge Pasok-Parlamentarier Symeon Kedikoglou in einem Fernsehinterview.

Sparhaushalt 2013

Noch will die Pasok diesen Streit jedoch nicht ausfechten, denn gleich am Sonntag kommt der nächste Crashtest für den Zusammenhalt der Koalition. Im Parlament steht der Sparhaushalt 2013 zur Abstimmung, und der konservative Premier Antonis Samaras muss wieder um seine Mehrheit fürchten.

Anders als am Mittwochabend will die Parteispitze der Demokratischen Linken für die Sparmaßnahmen stimmen. Dennoch rechnen Kommentatoren in Athen mit mehreren Abweichlern.

Nicht alle Griechen können übrigens verstehen, wieso die Demokratische Linke am Mittwoch gegen die Sparmaßnahmen gestimmt hat, am Sonntag jedoch dafür votieren will. Der Grund dafür sei, dass Samaras am Mittwoch das gesamte Sparprogramm samt Arbeitsmarktreform in einem einzigen Artikel durchs Parlament peitschen wollte, erwidert die Parteispitze.

Fraktionssprecher Theodoros Margaritis erklärt den politischen Spagat wie folgt: „Die Deregulierung des Arbeitsmarkts hat nichts mit unseren Fiskalproblemen zu tun. Wir können doch nicht einem Gesetz zustimmen, das geltende Tarifverträge außer Kraft setzt und Arbeitnehmer den Unternehmerinteressen ausliefert.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • T
    Tamtam

    "Weiter zittern in Athen"... die Menschen, die in der überwiegenden Mehrheit die Sparprogramme ablehnen, werden es wohl nicht sein, die in Athen zittern