Griechenland-Rettung: Schäuble appelliert, Lammert zweifelt
Während Finanzminister Schäuble keine Alternative zum rigiden Spardiktakt für Griechenland sieht, zweifelt Bundestagspräsident Lammert am engen Zeitplan für das Milliardenparket für Athen.
BERLIN dpa | Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat an die griechische Regierung appelliert, den Parteienstreit zurückzustellen und die Hilfsangebote der Europäischen Union zu akzeptieren. Schäuble äußerte am Dienstagabend im ZDF Verständnis für die Not der griechischen Bürger. Es sei aber auch klar, dass Griechenland lange über seine Verhältnisse gelebt habe, sagte der CDU-Politiker im "heute journal".
Schäuble machte klar, dass er das neue griechische Sparpaket für alternativlos hält. So habe der Mindestlohn bislang über dem Durchschnitt der Euro-Staaten gelegen. Jetzt gehe es darum, dass die griechische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig werde. Die EU biete Griechenland jede Form von Beratung und Unterstützung an. Die Regierung in Athen halte dem immer wieder entgegen, sie wolle keine Vormundschaft.
"Das respektieren wir, aber wenn sie es allein nicht schaffen, weil die politische Klasse vielleicht Schwierigkeiten hat, als fair anerkannt zu werden, dann wäre es besser, sie würden mehr Unterstützung durch die europäische Union akzeptieren", betonte Schäuble. "Wir machen das, um Griechenland zu helfen und zu keinem anderen Zweck." Wenn die Hilfe scheitern sollte, wäre Europa besser vorbereitet als vor zwei Jahren. "Aber wir wollen alles tun, um Griechenland zu helfen, die Krise zu meistern."
Unterdessen zweifelt Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am engen Zeitplan zur Entscheidung über das zweite Milliardenpaket für Griechenland im Bundestag. Er hoffe, dass in den beiden kommenden Wochen bis zur geplanten Abstimmung alle Bedingungen erfüllt würden, die eine Zustimmung des Bundestags ohne weitere Befassung ermöglichten, sagte Lammert der Financial Times Deutschland. "Ob die dafür vorgesehene Beratungszeit reichen wird, wird man sehen." Lammert wacht als Parlamentspräsident über die Mitspracherechte der Abgeordneten.
Der knapp kalkulierte Fahrplan für die Bundestagsabstimmung ist riskant für das Vorhaben von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), das Griechenland-Paket mit der Mehrheit der schwarz-gelben Koalition durchs Parlament zu bringen. Denn die Abgeordneten sind in den kommenden beiden sitzungsfreien Wochen in ihren Wahlkreisen - während in Brüssel und in Athen um die Einzelheiten des milliardenschweren Rettungspakets sowie um einen Forderungsverzicht privater Gläubiger gerungen wird.
Gleich am ersten Tag der nächsten Sitzungswoche, am 27. Februar, sollen die Abgeordneten nach einer kurzen Beratung in den Fraktionen über das komplizierte Hilfsprogramm in Höhe von rund 130 Milliarden Euro im Plenum zur Abstimmung antreten.
Mit der Annahme eines neuen Sparpakets hatte das griechische Parlament in der Nacht zum Montag eine weitere wichtige Hürde auf dem Weg zu neuen Finanzspritzen genommen. Um an das Geld heranzukommen, muss Athen aber noch weitere Auflagen erfüllen, darunter auch eine endgültige Einigung mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt.
Am 20. März werden griechische Anleihen über 14,5 Milliarden Euro fällig. Wenn das Land bis dahin kein Geld hat, um die Schulden zu bezahlen, wäre es pleite.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen