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Grenzkonflikt Ruanda-KongoEin toter Soldat

Soldaten von der Front überschreiten die Grenze nach Ruanda – zum Einkaufen, sagt die kongolesische Seite; hochgerüstet, sagt die ruandische. Einer wird erschossen.

Kongolesische Soldaten an der Frontlinie nahe der Grenze. Bild: reuters

KAMPALA taz | Ein Zwischenfall an der Grenze zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo hat die angespannten Beziehungen zwischen den beiden Ländern weiter belastet. Ein kongolesischer Soldat wurde am Samstagvormittag von Ruandas Armee erschossen.

„Zwei Soldaten betraten in einem feindlichen Akt unser Territorium auf einer Erkundungsmission“, sagt Ruandas Armeesprecher Joseph Nzabamwita der taz. Die lokale Bevölkerung habe Grenzsoldaten informiert. „Wir haben drei unserer Soldaten dort hingeschickt, dann kam es zu einem Feuergefecht.“ Ein kongolesischer Soldat sei getötet worden, der andere sei zurückgeflohen.

Es handle sich um einen „provokativen Akt der Aggression, der einem Muster folgte“, so der Armeesprecher. Die Soldaten seien schwer bewaffnet gewesen und hätten drei Magazine mit Munition mit sich getragen: „Als seien sie auf einer Militäroperation.“ Kongos Regierungsarmee konnte bislang noch keine Erklärung abgeben. Nicht bestätigen wollten beide Seiten Berichte, wonach auch ein ruandischer Soldat getötet worden sei.

Der Grenzstreifen zwischen Ruanda und Kongo ist hoch sensibles Gebiet: Auf beiden Seiten sind gewaltige Truppeneinheiten stationiert, weil Kongos Regierung Ruanda beschuldigt, Rebellen im Ostkongo zu unterstützen. Auf kongolesischer Seite verläuft in dieser Region, bei Kibumba nördlich von Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma, die Frontlinie zwischen Regierungstruppen und den Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März). Tausende Regierungssoldaten sind dort seit Monaten stationiert, um Goma zu verteidigen. Oft sind sie schlecht versorgt, haben nicht genug zu Essen.

Zum Milchkaufen nach Ruanda

„Die Soldaten haben ihren Posten verlassen, um Milch zu kaufen“, erklärt Ethienne Kasala, Chef der Grenzpolizei in Nord-Kivu, gegenüber der taz den Grenzvorfall. „Das machen sie immer, denn dort im Grenzgebiet leben viele Leute mit Rinderherden, die Milch anbieten.“ Ein Problem dabei ist, dass es zwischen den Hügeln keine natürliche Grenze oder gar Grenzsteine gibt, gibt Olivier Hamuli, Sprecher von Kongos Armee in Nord-Kivu, gegenüber der taz zu. Er sagt: „Wir sind uns sicher, dass der Soldat auf unserem Gebiet erschossen wurde und nicht auf ruandischem Boden.“

Ruanda und Kongo bestätigen, dass ein gemeinsames Untersuchungsteam im Rahmen der Internationalen Konferenz der Großen Seen (ICGLR) an den Tatort entsandt wurde. Derweil liefert die UN-Expertengruppe zur Einhaltung der Sanktionen gegen Kongos bewaffnete Gruppen erneut Beweise, dass Ruandas Armee die M23-Rebellion finanziert und militärisch unterstützt. In ihrem jüngsten Bericht, der noch im UN-Sicherheitsrat verabschiedet werden muss, der taz aber bereits vorliegt, wird auch Uganda beschuldigt, Soldaten entsandt zu haben, um die M23 zu unterstützen.

Ugandas Regierung droht nun, seine Soldaten aus der afrikanischen Friedensmission in Somalia abzuziehen, die dort den Löwenanteil der Arbeit bei der Verteidigung der Hauptstadt Mogadischu vor den islamistischen Shabaab-Milizen geleistet hatten. Ugandas Präsidentensprecher Fred Opolot bestätigt gegenüber der taz, dass Ugandas Delegation am Montag dem UN-Sicherheitsrat eine Stellungnahme vorlegen wolle, „um unseren Unmut auszudrücken“. Und jetzt kommt der kongolesisch-ruandische Zwischenfall dazu.

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4 Kommentare

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  • GS
    Gunnar Sturm

    An die Mitforanden: danke für die Infos.

    Herr Preisler und Speyside, zu dem von Ihnen erwähnten pol. Verhältnissen möchte ich gerne mehr wissen. Meine Kontaktdaten finden Sie auf www.ivoirel... (ich wollte die Domain nicht ausschreiben, da anderes Thema).

  • DP
    Daniel Preissler

    Der "UN-Bericht" kommt von der in Brüssel ansässigen Crisis Group. Der verantwortliche Sprecher scheint Franzose zu sein (Marc-André Lagrange), während die Präsidentin der Gruppe aus dem ebenfalls fraknophonen Québec stammt. Ein Mitarbeiter eines Londoner Instituts spricht dagegen davon, dass es keine Beweise für eine aktive Beteiligung Ruandas gäbe (http://www.dw.de/steuert-ruanda-rebellen-im-kongo/a-16315557) und die Taz schrieb vor Tagen, dass Ruanda und Uganda von einem friedlichen Ost-Kongo womöglich mehr profitieren könnten. Muss nicht, aber kann sein, dass es sich wieder um ein verstecktes sprach-politisches Ding handelt (Kongo, Hutu-Rebellen und die betreffenden Sprecher/Verantwortlichen der CG frankophon, Ruandas und Ugandas aktuelle Regierungen bevorzugen das Englische). So besteht durchaus die Möglichkeit, dass Frankreich 1994 nicht eingriff, weil es Ruanda nicht an die anglophone Welt verlieren wollte. Und vor Französischen Gerichten wurden mW noch vor wenigen Jahren Tutsi angeklagt, am Attentat auf den früheren Präsidenten beteiligt gewesen zu sein (da gab es noch die Geschichte mit dem Haftbefehl für Kagames Mitarbeiterin...), während für den Völkermord niemand angeklagt wurde (oder bin ich da schlecht informiert?).

    Grüße, DP

  • H
    hans

    So ist es speyside. Und auch wenn es so sicher nicht gewollt ist, könnte das Ruanda ein wenig den Rücken frei halten.

  • S
    speyside

    Niemand will nach Somalia. Und gerade jetzt, wo die Islamisten dort ein wenig zurückgedrängt wurden, kann Ugandas Regierung einen wahren Joker bei der UN ausspielen.