Greenpeace-Kampagne gegen Textilgifte: Gewaschen und vergiftet
Weniger Gift in der Produktion von T-Shirts und Schuhen ist das Ziel einer Greenpeace-Kampagne. Die Markenhersteller werden verunsichert - und somit aktiv.
BERLIN taz | Eine Erfolgsmeldung nach der anderen können die Hamburger Umweltschützer von Greenpeace dieser Tage verkünden: Erst Puma, dann Adidas, jetzt H & M. Alle Unternehmen haben sich bereit erklärt, bis zum Jahr 2020 gefährliche Chemikalien aus ihrer Produktion zu verbannen.
Konkret geht es um Nonylphenol, das Greenpeace bei Tests im Sommer im Abwasser vieler Textilfabriken in China nachgewiesen hat. Es wirkt wie ein Hormon, vor allem Wassertiere wie Krebse und Fische leiden darunter. Ihre Fortpflanzungsfähigkeit wird gestört, sie zeigen Verhaltensänderungen.
Nonylphenol ist ein günstiges und bewährtes Waschmittel und wird bei der Herstellung von Kleidung in zahlreichen Produktionsschritten eingesetzt. Doch die Greenpeace-Kampagne hat die Unternehmen aufgescheucht.
"Wir werden jetzt zusammen mit anderen Herstellern ermitteln, wie wir vorgehen können", sagt Hendrik Heuermann, Pressesprecher von H & M. Die Unternehmen legen Wert darauf, dass sie allein die Chemikalie nicht ersetzen können, dazu seien die Produktionsketten zu komplex.
Eine Jeans - 40 Zulieferbetriebe
An der Produktion einer Jeanshose zum Beispiel können bis zu 40 Zulieferbetriebe beteiligt sein. Bislang hatte Greenpeace mit der Kampagne nur Hersteller von Sportbekleidung im Visier, weil gerade Hersteller wie Puma oder Adidas sich mit Begriffen wie Gesundheit und Nachhaltigkeit in Verbindung bringen.
Allerdings haben sie nur einen Marktanteil von etwa 8 Prozent am Markt von Kleidern, Hosen und Hemden. Erste Kontakte mit anderen Herstellern, etwa C & A, gab es schon. Man könne nicht ausschließen, dass Nonylphenol in der Produktion verwendet werde, sagt C & A-Sprecher Thorsten Rolfes. "Den Ansatz einer die ganze Industrie umfassenden Initiative finden wir gut."
Manfred Santen, der die Kampagne bei Greenpeace leitet, hält die Konzerne sehr wohl für handlungsfähig: "Natürlich könnten die auch allein etwas bewegen", sagt er. Die Unternehmen wollten sich nicht zu etwas verpflichten, sondern lieber erst mal auch die Konkurrenten ins Boot holen.
Es räche sich, dass die gesamte Herstellung ins Ausland verlagert worden sei: "Keine dieser Firmen hat eine eigene Fabrik", sagt Santen. Natürlich gebe es Ingenieurswissen darüber, wie große Fabriken betrieben würden - "aber vom Schreibtisch aus". Die großen Unternehmen würden ihre Produktion kaum mehr überblicken. Die Produktion bis 2020 umzustellen sei also ambitioniert.
Eigenmarken werden schon jetzt getestet
Bei Peek & Cloppenburg Düsseldorf gibt man sich noch forsch: Schon jetzt seien Lieferanten verpflichtet, nur einwandfreie Ware zu liefern. Die Peek-&-Cloppenburg-Eigenmarken würden zudem vor der Lieferung auf ausgewählte Schadstoffe getestet.
"Darüber hinaus kommt P & C seiner Sorgfaltspflicht nach, indem Artikel zusätzlich in Anlehnung an die strengen Kriterien des Öko-Tex-Standards 100 getestet werden", heißt es aus der Pressestelle des Unternehmens.
Das Problem: Um Schadstoffe in der Kleidung geht es gar nicht. "Der Öko-Tex-Standard 100 sagt viel zu wenig über eine ökologische Produktion aus", sagt Heike Scheuer vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft.
Deutsche nicht belastet - Herstellerländer umso mehr
Viele in der Produktion eingesetzte Giftstoffe werden aus den Kleidungsstücken größtenteils herausgewaschen, bevor sie im Laden landen. Es belastet also nicht die Käuferin in Deutschland, sondern das Wasser beispielsweise in China.
Darum sei die Initiative von Greenpeace so wichtig, so Scheuer. Sie bringe die Verbraucher dazu, die Bedingungen, unter denen Bekleidungsstücke produziert werden, in den Herstellerländern wahrzunehmen.
Und nicht nur die: Puma, Adidas und H & M haben sich vorgenommen, erst mal Informationen darüber zu sammeln, wo und wann giftige Chemikalien in ihrer Lieferkette zum Einsatz kommen.
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