Green Deal der EU: Klima kommt unter den Omnibus
Mit dem Argument Bürokratieabbau weicht die EU die ursprünglichen Klimaziele auf. Wettbewerbsfähigkeit wiegt nicht nur in Brüssel schwerer.
T otgesagte leben länger, auch in der Klimapolitik. Der Green Deal, den die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 2019 lanciert hat, wurde schon oft für tot erklärt. Bei der Europawahl 2024 haben sich Sozialdemokraten und Grüne an der Reanimation versucht. Sie stimmten von der Leyens Wiederwahl zu – in der Hoffnung, dass die CDU-Politikerin den Green Deal rette.
Vergebens. Der Klimaschutz genießt in Brüssel keine Priorität mehr. Die neue EU-Kommission ordnet alles dem Bürokratieabbau und der sogenannten Wettbewerbsfähigkeit unter – also dem Ringen mit den USA und China um die besten Verwertungsbedingungen für das Kapital und die Industrie. Bisher zieht die EU dabei den Kürzeren, sogar „grüne“ Industriezweige wandern ab.
Nun legt von der Leyen den Turbo ein. Mit den sogenannten Omnibus-Verordnungen zur radikalen Vereinfachung von EU-Gesetzen, einem „Clean Industrial Deal“ für eine saubere Industrie und einem Aktionsplan für günstigere Energie will sie verlorenes Terrain wiedergutmachen. Der Green Deal werde nicht angetastet, heißt es in Brüssel, sondern nur an die neue Lage angepasst.
Klingt gut, stimmt aber nicht. Die EU legt zwar nicht die Kettensäge an, wie Argentiniens rechtsradikaler Präsident Javier Milei. Doch sie wirft den Green Deal unter den (Omni-)Bus. Dabei sind die am Mittwoch vorgelegten Vorschläge nur der Auftakt für eine ganze Reihe von Gesetzesänderungen, die auf eine Deregulierung und die klammheimliche Abwicklung des Green Deals hinauslaufen.
Die zweite Welle steht schon in wenigen Wochen an. Dann dürfte Friedrich Merz Bundeskanzler sein – und dafür sorgen, dass die EU einen noch industriefreundlicheren Kurs fährt. Schon jetzt hat der CDU-Chef hinter den Kulissen dafür gesorgt, dass von der Leyen die Klimapolitik aufweicht. Bei der Europawahl hat er „seine“ Spitzenkandidatin auf Linie gebracht. Nun setzt die deutsche CDU-Politikerin die Wahlversprechen um. Wenn sie Merz folgt, wird der Green Deal endgültig unter die Räder kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU delegitimiert NGOs
Rechter Kulturkampf der Merz-Lauchs
551 Fragen im Bundestag
Union attackiert Zivilgesellschaft
Lockerung der Schuldenbremse
Bitte jetzt mal eine große Koalition der Vernunft
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Wahlergebnis in Westdeutschland
Hier liegt die AfD vor allen anderen
Grüne nach der Wahl
Fünf sind eine zu viel