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Gorleben-UntersuchungsausschussMerkel wehrt sich gegen Kritik

Die Opposition wirft der damaligen Umweltministerin vor, die Suche nach alternativen Standorten zu Gorleben verhindert zu haben. Merkel sieht das nicht so.

Kritische Fragen: Merkel im Gorleben-Unterschungsausschuss. Bild: dapd

BERLIN dapd | Vor dem Gorleben-Untersuchungsausschuss muss sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen Vorwürfe zur Wehr setzen, sie habe in ihrer Zeit als Umweltministerin in den 1990er Jahren einseitig auf Gorleben als möglichen Standort für ein atomares Endlager gesetzt.

Zweifel gibt es vor allem an einer Äußerung Merkels von damals, Gorleben bleibe „erste Wahl“. Kritisch werten die Mitglieder des Ausschusses zudem die Entscheidung, die Erkundungen auf den nordöstlichen Teil des Salzstocks zu beschränken. Merkel wies die Kritik am Donnerstag zurück.

Seit zweieinhalb Jahren geht ein Untersuchungsausschuss der Frage nach, ob die Entscheidung für Gorleben als mögliches Atommüllendlager womöglich politisch motiviert war. Merkel war von 1994 bis 1998 Bundesumweltministerin und damit auch zuständig für die Suche nach einem Endlager für radioaktiven Müll.

Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses fordern vor allem Auskunft darüber, warum Merkel eine Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) als Bestätigung für Gorleben als möglichen Standort für ein atomares Endlager wertete, obwohl der Salzstock gar nicht Gegenstand der Untersuchung war.

Erkundungskonzept von 1979

Merkel wies am Donnerstag Mutmaßungen zurück, die damalige Bundesregierung sei nicht nach Recht und Gesetz vorgegangen. Die damalige Regierung unter Bundeskanzler Kohl (CDU) habe sich die Entscheidungen nicht leicht gemacht. „Auch ich nicht“, betonte Merkel. Sie habe auf Grundlage des Erkundungskonzept von 1979 gehandelt.

Die Eignung des Salzstocks Gorleben als Atommüllendlager sei zudem bis heute nicht widerlegt worden. Es habe „null Indikatoren“ gegeben, dass Gorleben als Standort für ein atomares Endlager nicht geeignet gewesen sein könnte. Sie habe ihre Entscheidung auf Grundlage fachlicher Einschätzungen getroffen. Auch die Kritik an ihrer Interpretation der BGR-Studie wies Merkel zurück. Sie habe die Ergebnisse nicht miteinander verglichen.

Die Obfrau der SPD im Ausschuss, Ute Vogt, warf der Kanzlerin vor, sie habe nicht auf Grundlage wissenschaftlicher Kriterien, sondern aufgrund von politischen Erwägungen entschieden. „Merkel hat damals verhindert, dass es eine alternative Suche gab“, sagte Vogt.

Auch kritisierte sie, Merkel habe die Ergebnisse des umstrittenen BGR-Gutachtens bewusst wahrheitswidrig dargestellt. Die Obfrau der Linken, Dorothee Menzner, nannte es unzulässig, dass Merkel die Erkenntnisse der BGR-Studie in Vergleich mit Gorleben gesetzt habe.

Entscheidung zu Lasten der Sicherheit

Harsch kritisierten die Obleute der Opposition auch die Entscheidung, die Erkundung auf den Nordosten des Salzstocks zu beschränken. Die Obfrau Grünen, Sylvia Kotting-Uhl, sagte, es gebe deutliche Hinweise darauf, dass Merkel ihre Pflicht verletzt habe. Die Konzentration auf den Nordosten sei zulasten der Sicherheit gegangen.

Der Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss, Reinhard Grindel (CDU), wies die Kritik an Merkel ebenfalls zurück. Es gebe keine andere Umweltministerin, die die Suche nach alternativen Standorten so vorangetrieben habe wie Merkel, sagte Grindel vor Beginn der Sitzung.

Zugleich räumte er ein, dass eine Lehre aus dem jahrzehntelangen Tauziehen um Gorleben die sei, dass es eine ergebnisoffene Endlagersuche nur geben könne, wenn es auch Alternativen gebe. Man dürfe nicht alles auf eine Karte setzen, sagte der CDU-Politiker. Mitte der 1990er Jahre sei allerdings außer Niedersachsen kein anderes Bundesland bereit gewesen, „irgendwelche Erkundungsmaßnahmen zur Suche eines Endlagers zuzulassen“.

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5 Kommentare

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  • N
    noevil

    Herr Grindel (CDU) muss sich darüber im Klaren sein, dass man auch mit Vollgas in die falsche Richtung fahren kann, wie sich nun immer deutlicher zeigt.

  • LC
    Lara Croft

    Jaja, die Politikerinnen machen sich ihre Entscheidungen angeblich immer "nicht leicht". Und dann ruinieren sie nachhaltig die Lebensgrundlagen der Bevölkerung.

     

    Sei es durch die radioaktive Verseuchung u.a. des Grundwassers durch die Lagerung von Atommüll in der Asse. Sei es durch die katastrophale Bankenkrisenpolitik, für die nur die kleinen SteuerzahlerInnen auf ewig blechen. Während die Bänker, Hedgefonds und Versicherungeungen weiter zocken können mit dem Segen von Schwarz-Gelb und von Rot-Grün, die ihnen per ESM und Fiskalpakt die Steuergeldermilliarden der deutschen Bevölkerung zuschustern.

     

    Vielen Dank auch an Merkel und Co.

  • W
    Weinberg

    Ist auszuschließen, dass der Untersuchungsausschuss von der jetzigen Bundeskanzlerin und früheren FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda Dr. Angela Merkel kräftig veralbert wurde?

  • A
    aurorua

    Mutti ist unfehlbar, wäre sie nicht auch eine wunderbare Päpstin, wenn es denn möglich wäre.

  • V
    vic

    Es hat doch niemand geglaubt, dass dieser Untersuchungsausschuss zu etwas führt. Oder?

    Kritik perlt an ihro Majestät ab, das ist nicht neu.