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Gordon Brown und die FrauenAufstand der Dekoration

Zurückgetretene Ministerinnen werfen Gordon Brown vor, Politikerinnen nur zu dekorativen Zwecken zu benutzen.

Will keine Schaufensterdeko mehr sein: Europaministerin Caroline Flint. Bild: reuters

DUBLIN taz | Gordon Brown hat ein Problem mit Frauen. Caroline Flint, die Europaministerin, schrieb am Freitag in ihrem Rücktrittsbrief an den Premierminister: "Du führst eine zweigeteilte Regierung - dein innerer Kreis und dann der Rest des Kabinetts."

Zum inneren Kreis aber gehören keine Frauen, fügte sie hinzu: "Die meisten Frauen im Kabinett sind kaum mehr als Schaufensterdekoration. Ich bin nicht mehr länger bereit, als Randerscheinung im Kabinett zu sitzen."

Am Donnerstag hatte sie Brown noch ihre Unterstützung zugesichert, änderte über Nacht aber ihre Meinung: "Ich bin von Natur aus loyal. Aber du hast jede Sehne meiner Loyalität überstrapaziert." Flint beschuldigte Brown, der Times fälschlicherweise gesteckt zu haben, sie würde einen Komplott gegen ihn schmieden.

Oona King, die frühere Labour-Abgeordnete, sagte, Flint mache sich unglaubwürdig, wenn sie Brown des Sexismus beschuldige, zugleich aber selbst ihre Sexualität ausbeute. Flint hatte dem Frauenmagazin des Observer vor ein paar Monaten Modell gestanden. "Das macht alle Frauen im Parlament lächerlich und gibt sie der Verachtung preis", sagte King.

Aber es gibt nicht mehr viele Frauen an den Schaltstellen der Macht. Unter den neun Kabinettsmitgliedern, die vorige Woche zurücktraten, waren fünf Frauen. Jetzt sitzen in dem 23-köpfigen Kabinett nur noch vier Frauen, aber sechs Lords. Das sei eine "Beleidigung der Demokratie", sagte einer von Browns Kritikern. Dabei waren die Hoffnungen groß, als Labour 1997 an die Macht kam. Damals zogen - eine Rekordzahl - 101 Labour-Frauen ins Unterhaus ein, die umgehend als "Blairs Babes" tituliert wurden.

Eine davon war Claire Curtis-Thomas. "In meinem früheren Job als Ingenieurin in den Docks war ich die einzige Frau unter 30.000 Männern", sagte sie am Wochenende. "Aber das war einfacher als in der Politik, dort haben es Frauen viel schwerer. Man schaue sich doch bloß die bisherige Innenministerin Jacqui Smith an. Sie wurde doch mehr oder weniger als Miss Piggy mit Titten dargestellt."

Ein ehemaliger Kabinettsminister sagte der Tageszeitung Observer, dass sich Brown in der Gegenwart von Frauen unsicher fühle: "Er traut ihnen nicht in dem Maße, in dem er Männern traut." Margaret Hodge, die ehemalige Kulturministerin, findet, es sei eine "furchtbare Woche für Frauen" gewesen. "Frauen haben fantastische Vorschläge gemacht. Aber es ist immer noch eine traditionelle Männerdomäne." Selbst die Berichte in den Medien seien tendenziös, die Sprache und die Bilder seien Relikte der Fünfzigerjahre. So hieß es etwa über Flint, sie habe ihre "Stöckelabsätze in Browns Herz" gebohrt, und über die Gemeindeministerin Hazel Blears, die am Donnerstag zurücktrat, sie sei in ihren Wahlkreis "nach Salford gehüpft, so schnell ihre Puppenschühchen sie tragen konnten".

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3 Kommentare

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  • BM
    barbara muerdter

    @Bernhard H. Johannes Wagner Die von Ihnen beschriebene Situation habe ich (Jahrgang 1968) nur einmal erlebt. Ich kann mir gut vorstellen, dass sowas in den 70ern häufiger passiert ist, dass Frauen einfach für sich selbst sprechen wollten und auch wohlmeinende männliche Unterstützung als Paternalismus empfunden haben.

     

    In Zeiten des Backlash bin ich jedenfalls froh, (auch) Männer als Bündnispartner zu haben, auch wenn ich sie in manchen Situationen trotz guter Absicht manchmal auch grenzwertig empfinde. Das genau auszuführen würde hier den Rahmen sprengen.

     

    Dann sind "frauenfreundliche" Männer aus meiner Erfahrung häufig selbst keine Alpha-Männchen und haben grade aufgrund der Tatsache, dass sie selbst Probleme mit dem klassischen Männerbild haben daraus folgend mehr Verständnis für die Situation, in der Frauen sind. Dazu könnte man auch einen ganzen Aufsatz schreiben...

  • BH
    Bernhard H. Johannes Wagner

    @ barbara mürdter: Ich stimme Ihnen weitgehend zu. Auch die Kritik von Caroline Flint etc. halte ich für berechtigt und unterstütze sie.

     

    Am Rande ergänzend möchte ich nichtsdestotrotz erwähnen, dass - oft zum Schaden einer Sache - von Seiten vieler Frauen, die gemäß ihrem Selbstbild sehr emanzipiert sind, auch zuweilen die Aussage eines Mannes ignoriert oder anders gewichtet oder bewertet (manchmal sogar schlicht grob missverstandn und entstellt) wird, als genau die gleiche Aussage mit ziemlich denselben Intentionen und semantischen Inhalten, in einer sprachpragmatisch analogen Situation, wenn sie von einer Frau kommt.

     

    Das gilt nach meiner Beobachtung und Erfahrung v. a, wenn die Aussage von einem eher a-typischen Mann kommt, der (auch) von besagten relativ emanzipierten Frauen allzu schnell in die Schublade der Durchschittsmänner gesteckt wird - davon abgesehen, dass solche a-typischen Männer von Seiten der Durchschnittsmänner erst recht gemobbt werden etc. (was einer der Gründe sein mag, weshalb so wenige von ihnen sehr erfolgreich sind, sei es in Politik, Wirschaft oder sonst wo).

  • BM
    barbara mürdter

    Schöner Artikel. Und die Dame war wahrscheinlich noch diplomatisch. Sexismus-Vorwürfe sind ja immer noch ein Tabubruch, so lange man nicht offensichtlich 8möglichst noch vor Zeugen) angegrabscht wird. Typisch, dass eine andere Frau (!) ihr die Geschichte mit dem Observer-Frauenmagazin vorwirft - als ob es etwas mit der Aussage zu tun hätte. Äußert eine Frau sich zu sowas, wird sie persönlich angegriffen - um die strukturellen Mechanismen nicht anerkennen zu müssen.