Google und Facebook: Schmutzige Wäsche
Mit einer lancierten Schmutzkampagne ging Facebook gegen Google vor – das flog auf. Hintergrund dürfte der Kampf um Werbekunden sein.
BERLIN taz | Facebook hat versucht, negative Presse über Google zu streuen. Über die PR-Agentur Burson-Marsteller wurde dem Blogger Chris Soghoian ein Artikel vorgeschlagen, der Googles "weitreichenden Missbrauch privater Nutzerdaten" zum Thema haben sollte. Der allerdings ging nicht auf das Thema ein, sondern stellte den Mailverkehr online.
Facebook hat zugegeben, die Aktion angestoßen zu haben, ist sich aber keiner Schuld bewusst. "Eine Verleumdungskampagne ist weder authorisiert noch beabsichtigt gewesen", heißt es in einer offiziellen Stellungnahme. Burson-Marsteller sei nur beauftragt gewesen, die Aufmerksamkeit darauf zu fokussieren, dass Google Facebook-Daten in seinem Dienst Social Circles ausweitet.
Ein Mitarbeiter von Burson-Martellers stellt den Sachverhalt etwas anders dar: Facebook habe darauf bestanden, mit dem Auftrag nicht in Verbindung gebracht zu werden. Das sei "keinesfalls eine übliche Arbeitsanweisung" und widerspreche auch der Firmenpolitik, sagte ein Mitarbeiter der Financial Times. Der Auftrag hätte abgelehnt werden müssen.
Google und Facebook behakeln sich bereits seit längerer Zeit. 600 Millionen Besucher pro Monat verzeichnet Facebook momentan, Tendenz steigend. Bisher sind alle Versuche von Google, selbst ein soziales Netzwerk aufzubauen, gescheitert: stattdessen versucht das Unternehmen, die eigene Suche sozialer und individueller zu machen. Dabei spielt der Social Circle eine Rolle: neben der algorithmisch basierten Suche sollen Vorlieben von Freunden und Bekannten mit in die Ergebnisse einfließen. Dazu sollen Daten von anderen Diensten mit in die Suche einbezogen werden, zum Beispiel Twitter, Flickr und auch Facebook.
Kritik aus der Blogosphäre
Vor dieser Entwicklung hatte Burson-Martellers in ihrer Brandmail eindringlich gewarnt. Chris Soghoian aber entgegnete, man mache hier aus einer Mücke einen Elefanten. Social Circle sei nicht gefährlich.
Dafür aber musste Facebook für seine Methoden viel Kritik aus der amerikanischen Blogosphäre einstecken. Bei Techcrunch schreibt Michael Arrington, heimlich eine PR-Firma zu beauftragen, sei nicht nur "anstößig, unlauter und feige". Sondern obendrei "sehr, sehr dämlich". Tatsächlich ist die Auswertung der Facebook-Daten durchaus gefährlich – aber weniger für die Nutzer, sondern für Facebook selbst. "Die Nutzer stört überhaupt nicht, was da gerade passiert", so Arrington. Facebook versuche, etwas zu beschützen, das man für sein Eigentum hält – wobei die wichtigsten Daten, die Facebook hat, von seinen Nutzern produziert werden und deswegen auch ihnen gehören sollten.
Dass es der Seite nicht um den Schutz der Privatsphäre geht, dokumentieren die zahlreichen Datenskandale und die systematischen Verstöße gegen Datenschutzrichtlinien. Erst heute hat der Verbraucherzentrale Bundesverband deswegen einen Aufruf an den Facebook-Investor Goldman Sachs lanciert, man solle Einfluss auf die Firmenpolitik nehmen.
Google und Facebook sind Konkurrenten auf dem Werbemarkt, und seit Google-Gründer Larry Page vor einem Monat die Maxime ausgab, Social Search habe Top-Priorität, fürchtet Facebook um seine Online-Werbeeinahmen. Dan Lyons sieht auf The Daily Beast die Schlacht um zielgruppenspezifisches Onlinemarketing eröffnet. "Schweirig zu sagen", schreibt er, "ob Google Facebooks Vorherrschaft im social network-Bereich brechen kann. Aber nach diesem – Verzeihung – unbeholfenen Vorgehen scheint Facebook nicht mehr unbesiegbar. Tatsächlich scheint es sogar ein bisschen besorgt."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!