Google kauft Handy-Hersteller: Mit Motorola gegen Apple
Google kauft für 12,5 Milliarden Dollar den Handy-Hersteller Motorola. Es geht nicht nur um Patente, sondern um eine Neuausrichtung des Mobilfunkmarktes.
Was hat Google mit Motorola vor? Die Nachricht vom Montag, dass sich der Internet-Konzern den Kauf des seit Jahren nicht mehr profitablen US-Handy-Herstellers ganze 12,5 Milliarden Dollar kosten lässt, sorgt in der IT-Szene immer noch für Erstaunen.
Vorab war nichts nach außen gedrungen, doch Erklärungen für den Deal kamen schnell: Google wolle Android, seine Smartphone-Plattform, gegen Patentklagen von Konkurrenten wie Apple oder Microsoft verteidigen - mit Hilfe des großen Rechte-Pools, den Motorola als Technologiekonzern, der zu den ersten Handy-Herstellern der Welt gehörte, nun einmal besitzt.
Das hätte Google auch billiger haben können. Wenige Wochen ist es erst her, da war der Konzern in der Bieterschlacht um wichtige Patente einem Konsortium aus Microsoft, Apple, Sony und anderen unterlegen. Damals ging es um die Patente des bankrotten Telekommunikationsunternehmens Nortel, für die Google knapp vier Milliarden Dollar zahlen wollte. Die Konkurrenz legte 500 Millionen drauf - und siegte.
Unterschiedliche Geschäftsmodelle
Fünf Wochen später kauft Google Motorola. Die Frage, was das für den Mobilfunkmarkt bedeutet, ist noch nicht abschließend geklärt. Es gibt derzeit zwei Hauptplattformen, die das Smartphone-Geschäft beherrschen: Apple mit dem iPhone und iOS, Google mit Android und den zahllosen Geräten seiner Partner wie LG, Samsung, Sony Ericsson, HTC und, bis vor kurzem, Motorola.
Andere Firmen wie RIM mit seinem Blackberry oder Microsoft mit Windows Phone 7 agieren nur noch am Rande.
Während Apple Geld mit der verkauften Hardware sowie aus Gebühren für die Nutzung seiner Softwareplattform ("App Store") verdient, hat Google ein anderes Geschäftsmodell: Android wurde hausintern mit viel Aufwand entwickelt, wird den Geräteherstellern aber seit Jahr und Tag kostenlos angedient. Und die greifen, auch aus Angst vor Apple, gerne zu. Hunderte unterschiedlicher Android-Geräte gibt es mittlerweile, von kleinen wie großen Herstellern.
Gewinn macht Google mit dem Verkauf von mobiler Online-Werbung, die nach wie vor als großer Wachstumsmarkt gilt, wenn sie auch noch nicht an traditionelle Internet-Werbung herankommt. Umso erstaunlicher ist deshalb nun der Kauf von Motorola. Google erzielt deutlich mehr als 90 Prozent seiner Gewinne mit Online-Werbung, die in zumeist kostenlos angebotene Dienste eingeblendet wird.
Ein weiterer Schritt
Nutzer sollen angelockt und möglichst lange gehalten werden - damit unterscheidet sich Google kaum vom werbefinanzierten Fernsehen. Da aber immer mehr Nutzer mobil ins Internet gehen, muss sich über Android hinaus etwas ändern - zumal Apple beispielsweise einen eigenen Werbedienst für das iPhone betreibt. Dass Google nun in den Besitz eines nicht ganz unwichtigen Herstellers von Android-Handys gelangt, kann als weiterer Schritt in den neuen Markt gewertet werden.
Bislang gab es zwar "Google-Handys", doch dabei handelte es sich stets um von externen Firmen (HTC, Samsung) produzierte Geräte, die nach Googles Spezifikationen gebaut wurden. Nun wird Google selbst zum Handy-Hersteller, auch wenn die Firma betont, Motorola werde getrennt vom bisherigen Geschäft weitergeführt.
Setzt Google sein Geschäftsmodell konsequent fort, müssten die Motorola-Handys nun verschenkt werden. Unklar ist außerdem, wie die bisherigen Android-Partner reagieren werden. Da Google nun selbst ins Hardware-Geschäft einsteigt und zum direkten Konkurrenten wird, könnten sie zu anderen Plattformen flüchten. Microsoft mit seinem "Windows Phone 7" freut sich bereits auf neue Partner.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles