Google-Konzern Alphabet: Übermacht unter Druck

Im Streit zwischen sozialen Medien und US-Präsident Donald Trump hält Google sich zurück. Der Mutterkonzern Alphabet hat andere juristische Sorgen.

Das Logo von Google

Hat schon genug Probleme und muckt nicht noch auf: Google Foto: Arnd Wiegmann/reuters

Wegen eines privaten Surfmodus, der nicht wirklich privat ist, und der unzulässigen Begünstigung eigener Geschäftszweige durch eine marktbeherrschende Stellung droht noch in diesem Jahr Alphabet, dem Mutterunternehmen von Google, juristisches Ungemach. So ist in den USA eine Klage eingereicht worden, die das Tracking des Verhaltens von Nutzer*innen als Abhörvorgang und damit als illegal zu definieren sucht.

Die Kritik an der Datensammlung durch Internetplattformen ist dabei nicht neu, der Versuch, die permanente Verletzung der Privatsphäre im Wesentlichen als verbotene Spionage zu beschreiben, aber schon.

Anlass ist die Dokumentation der Speicherung der Onlineaktivitäten von Nutzer*innen durch Google, auch wenn der „Inkognito-Modus“ beim Surfen verwendet wird. Denn selbst wenn Nutzer*innen entscheiden, dass ihr Browser seine Historie löscht und keine Informationen speichert, ob nun auf dem verwendeten Gerät selber oder an zentraler Stelle, können sie weiterhin getrackt werden. Das geschieht direkt auf den besuchten Webseiten.

Dort integrierte Tools, vor allem durch die überall präsente Werbung, können Geräte und Nutzer*innen leicht identifizieren. Diese Wiedererkennung funktioniert quer durchs Netz. Dominiert wird der Werbemarkt ausgerechnet von Google. Genau diese Allgegenwart wird in der vorliegenden Klage gegen das Unternehmen verwendet, wird durch sie nach Argumentation der Kläger*innen das von Google gegebene Privatheitsversprechen im Inkognito-Modus gebrochen. Die Nutzer*innen würden gegen ihren erklärten Willen abgehört.

Lieber kein Stress mit Trump

Als wäre diese neuerliche Klage gegen Alphabet noch nicht genug, gibt es nach US-amerikanischen Medienberichten deutliche Anzeichen dafür, dass noch in diesem Sommer ein Verfahren wegen Wettbewerbsverzerrung auf Google zukommen könnte. Grund ist wiederum die Übermacht des Konzerns auf dem Werbemarkt. Google kontrolliert einen großen Teil der verfügbaren Werbeplätze im Netz und dominiert gleichzeitig die Versteigerungsbörsen für diese Plätze. Damit hat Google gewissermaßen einen Verkaufsstand auf dem eigenen Marktplatz. Der Vorwurf lautet nun auf unlautere Beeinflussung der Preise auf diesem Markt zugunsten des eigenen Standes.

Unter dem Druck der drohenden Untersuchung durch US-amerikanische Bundesbehörden, die sogar eine Zerschlagung des Unternehmens anstreben könnten, und datenschutzrechtlicher Auseinandersetzungen nimmt es wohl nicht wunder, dass Google eher zurückhaltend im Streit zwischen sozialen Medien und Donald Trump agiert. Der hatte Ende Mai eine Verfügung erlassen, nach der ein Haftungsausschluss für von Nutzer*innen generierte Inhalte auf den Prüfstand soll. Der besondere Schutz vor Schadensersatz- und Verleumdungsklagen war wesentliche Voraussetzung für den Aufstieg der großen Plattform. Alphabet wäre als Mutterunternehmen von Youtube von einer Beschränkung des Privilegs unmittelbar betroffen, mit schwer abzusehenden Folgekosten.

In Europa sieht sich das Unternehmen derweil mit einer neuen Runde in Sachen Leistungsschutzrecht konfrontiert. Nachdem deutsche Verleger ihren aussichtslosen Rechtsstreit vor hiesigen Gerichten endlich zu den Akten gelegt haben, bereiten sie nun eine Klage auf europäischer Ebene vor, die Google zwingen soll, Verlage für das Anzeigen von Textauszügen in den Suchergebnissen und bei Google News zu vergüten. Außerdem sind auch in der EU noch Entscheidungen über milliardenschwere Strafen wegen Wettbewerbsverzerrung anhängig.

Die globale Pandemie trifft die Wirtschaft hart: Gewinneinbrüche, Produktionsausfälle und Planungsunsicherheit reduzieren Gewinne und Investitionsspielräume. Die großen Internetplattformen, deren Gewinne praktisch ausschließlich durch Werbeeinnahmen erzielt werden, bekamen die Folgen bereits zum Ende des ersten Quartals zu spüren. Auch wenn die zum Teil gewaltigen Wachstumsraten der Vormonate Alphabet noch ein ordentliches Plus bescherten, räumte das Unternehmen in seinem letzten Geschäftsbericht ein, dass mit erheblichen Rückgängen zu rechnen wäre.

Anwälte für die kommenden Auseinandersetzungen wird sich Alphabet trotzdem leisten können. Allein das direkt verfügbare Barvermögen des Konzerns beläuft sich derzeit auf deutlich mehr als 100 Milliarden Dollar.

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