„Goofy“ ist Jugendwort des Jahres: Resilient und unverdorben
Sie nehmen Rückschläge gelassen hin und sich selbst nicht ganz so ernst: Warum der Siegeszug von „goofy“ eine gute Nachricht ist.
Wenn Bild-Kolumnist Franz Josef Wagner meint, einen enttäuschten Brief schreiben zu müssen, ist das ja für gewöhnlich ein Indikator dafür, dass etwas gesellschaftlich in die richtige Richtung geht. Als „so harmlos wie ein Babyfurz“ beschrieb er die Auswahl von Vokabeln, die laut Langenscheidt-Verlag bei jungen Leuten aktuell besonders gut ankommt. Wer schon mal einen Babyfurz gerochen hat, weiß, dass daran absolut gar nichts harmlos ist. Aber das nur am Rande.
Es war also mal wieder that special time of the year, in der das Jugendwort des Jahres gekürt wird. Seitdem das junge Publikum die Wörter selbst einreichen und bestimmen darf und nicht mehr eine Jury, die sich auf Klausurtagungen komplett verkopfte Möchtegern-Ausdrücke wie „Gammelfleischparty“ (Ü30-Party) oder „Smombie“ (Kofferwort aus „Smartphone“ und „Zombie“) ausdenkt, wird die Entscheidung fast mit so etwas wie Spannung erwartet.
„Goofy“ heißt der diesjährige Gewinner. Und das ist eine ausgesprochen gute Nachricht. „Als ich jung war, sagten wir: Arschloch, Scheiße, Wichser. Wo ist die Power, die Aggression?“, zetert Wagner und zeigt, dass er da was nicht ganz verstanden hat. „Goofy“ ist keine blutleere Beleidigung. Es ist überhaupt keine Beleidigung. Es ist ein Adjektiv, und die Menschen, die es umschreibt – die Goofs – sind freundlich, treu und naiv, nehmen Rückschläge gelassen bis gleichmütig hin und sich selbst nicht ganz so ernst. Sie verlieren selten die Beherrschung und blicken mit kindlicher Unschuld auf das Chaos um sich herum. Sie sind unverdorben, sie sind glücklich. Sie sind das, was wir alle sein wollen: resilient und das Gegenteil von toxisch.
Dass die Generation Z – eine Ansammlung junger Menschen, die während der Coronapandemie groß wurde und mit dem Wissen aufwächst, die Klimakrise noch so richtig abzubekommen, also als besonders gestresst und deprimiert gilt –, dass die offenbar genug Anlass hat, sich untereinander auch mal als „goofy“ zu bezeichnen, das ist doch schön. Das ist doch tröstend.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Und noch etwas: In Zeiten, in denen auf Social Media das Main-Character-Syndrom um sich greift, in der also ständig jeder jeden dafür kritisiert, zu narzisstisch und selbstergriffen zu sein, ist die Würdigung eines ewigen Nebendarstellers (Disneys Goofy nämlich) besonders heilsam. Denn irgendwer muss den humorlosen Hauptcharakteren (I’m looking at you, Mickey Mouse) ja zeigen, wo’s langgeht. Und den Plot für uns alle mit kindlicher Unschuld vorantreiben.
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