Götz George in "Die Katze": Die Essenz des Alterns
Götz George schlurft, murrt, schreibt Zettel - und brilliert mit seinem präzisen Spiel: in einem ansonsten betulichen Remake der Verfilmung von Simenons Erzählung "Die Katze" (ARD, 20.15 Uhr).
Ein Mann biegt um eine Straßenecke, mit zehn, fünfzehn Metern Abstand folgt ihm eine Frau, seine Frau. Sie reden kein Wort. Als der Mann vor einem Schaufenster stehen bleibt, hält auch die Frau inne; als er weitergeht, folgt sie ihm in sicherer Distanz. Der Mann betritt einen türkischen Krämerladen, kauft ein Steak, die Frau Gemüse. Auf dem Weg nach Hause geht die Frau voran, schlägt am Ziel die Tür hinter sich zu. Der Mann ärgert sich nicht und schließt die Tür auf.
Willkommen im Eheleben von Siegmar (Götz George) und Margret (Hannelore Hoger)! Auf Spitzbergen kanns kaum frostiger sein. Wenn die beiden sich etwas zu sagen haben, was eher selten vorkommt, kommunizieren sie über Zettel. Eigentlich schreibt nur Siegmar, und dann meist diesen Vorwurf: "Die Katze". Denn sie ist tot, vergiftet wie die Atmosphäre zwischen den Eheleuten, aber zumindest das mit der Katze weiß der Zuschauer anfangs noch nicht.
Es sei denn, er hat George Simenons gleichnamige Erzählung gelesen oder die französische Verfilmung mit Simone Signoret und Jean Gabin in den Hauptrollen gesehen, die jedoch im Gegensatz zu Hoger/George ein Ehepaar spielen, das schon seit 25 Jahren zusammenlebt.
Im von Kaspar Heidelbach ("Das Wunder von Lengede") leider ziemlich betulich verfilmten Drehbuch von Daniel Nocke ("Sie haben Knut") kennen sich Siegmar und Margret, als der Zuschauer ihnen beim Einkaufen begegnet, erst sieben Jahre. Bei einem Seniorenausflug, erfährt der Zuschauer in einer der Rückblenden, sind sie einander zum ersten Mal über den Weg gelaufen. Die Einsamkeit ist ihre größte Gemeinsamkeit. Siegmar war Handwerker, und Margret ist Tochter eines Keksfabrikanten.
Das Problem ist nur, dass Hannelore Hoger es mit der Blasiertheit übertreibt. Die ja eigentlich großartige Schauspielerin spricht so gestelzt und überakzentuiert, wie auch Schüler einer Theater-AG eine distinguierte ältere Dame spielen würden - als Karikatur. "Ich brauche nicht viel, aber ich bin immer froh, wenn ich weiß, wo es frisches Gemüse gibt", sagt sie zu dem türkischen Händler. Man wundert sich, dass er sie nicht auslacht.
Aber vielleicht ist das ja auch nur Hogers Geburtstagsgeschenk für Götz George, der heute 70 wird und angesichts ihrer schwachen Vorstellung umso mehr glänzen kann. Er spielt Siegmar als mürrischen, alten Mann mit Schiebermütze und schlurfendem Gang, der permanent neben sich zu stehen scheint. In einer Szene landet er während eines Spaziergangs plötzlich vor dem Mietshaus, in dem er gewohnt hat, bevor er mit Margret zusammengezogen ist. Er wirkt überrascht, wie er dort hingekommen ist. Wie ein Schlafwandler, der sich selbst ein wenig unheimlich ist.
Aus einer scheinbar banalen Szene destilliert Götz George nur durch die Präzision seines Spiels die Essenz des Alterns. Davor würde man sofort die Schiebermütze ziehen - wenn man denn eine hätte.
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