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Göttinger MenschenrechtsorganisationNoch Dreckwäsche zu waschen

Die Staatsanwaltschaft stellt die Untreueermittlungen gegen den Gründer der Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. ein. Nun klagt Zülch seinerseits.

Unregelmäßigkeiten bei der Überweisung von Spendengeldern? Nein, sagt die Staatsanwaltschaft. Bild: dpa

GÖTTINGEN taz | Die Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV) kommt nicht zur Ruhe. Zwar hat die Staatsanwaltschaft Untreueermittlungen gegen den Gründer und Generalsekretär der in Göttingen ansässigen Menschenrechtsorganisation, Tilman Zülch, eingestellt. Das Verfahren ging auf eine Anzeige des Exvorstandsmitglieds James Albert zurück. Nun will die GfbV ihrerseits Albert und dessen Anwalt Uwe Betjen wegen Rufschädigung anzeigen.

Ende 2010 waren der Freiburger Rechtsanwalt Harald Klein und der Indien-Experte Albert zum Bundes- respektive stellvertretenden GfbV-Vorsitzenden gewählt worden. Sie stellten eigenen Angaben zufolge bei dem Verein finanzielle Unregelmäßigkeiten fest, unter anderem bei Überweisungen nach Bosnien.

Zudem monierten sie das Anstellungsverhältnis von Zülch, der als ehrenamtliches Vorstandsmitglied laut Satzung nicht gleichzeitig bezahlte Arbeit hätte leisten dürfen.

Die GfbV sprach von einer „Schmutzkampagne“. Sie berief Albert und Klein 2011 als Vorsitzende ab und schloss sie ein Jahr später aus dem Verein aus. Die Staatsanwaltschaft sieht Alberts und Kleins Vorwürfe gegen Zülch nicht bestätigt. Die Bosnien-Projektgelder seien „satzungsgemäß und –konform“ ausgewiesen worden, es bestehe „kein weitergehender Anfangsverdacht“.

„Voll rehabilitiert“

Ohne weitere „Anknüpfungstatsachen“ verbiete es sich zudem, durch Wirtschaftsprüfer betreute Vereine nochmals über Jahre hinweg zu überprüfen. In einem Schreiben der Behörde an Anwalt Betjen heißt es, „die Verkennung dieser Anforderungen mag in dem tiefen persönlichen Zerwürfnis zwischen Ihnen und dem Beschuldigten bzw. zwischen Dr. Albert und dem Beschuldigten liegen“. Die GfbV sieht Zülch durch den Einstellungsbeschluss nun „voll rehabilitiert“.

Betjen wirft der Staatsanwaltschaft indes mangelnde Aufklärungsbereitschaft vor. Albert widersprach deren Ansicht, seine Anzeige liege in einem Zerwürfnis mit Zülch begründet. Noch 2010 sei ihm für seinen Einsatz für die Ureinwohner Indiens die Ehrenmitgliedschaft der GfbV verliehen worden. Erst sein Beharren auf Transparenz bei den Finanzen habe zu Spannungen geführt.

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2 Kommentare

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  • MR
    Martin Rzeszut, Kiel

    So so! - Mal wieder wackeln unserer Justiz die Knie! Die GfbV muss für einige Lobbyisten in unserem Lande politstrategisch dermaßen von Bedeutung sein, dass Untreueermittlungen geflissentlich eingestellt werden, obwohl handfeste Beweise auf dem Tisch liegen. Erhebliche Unregelmäßigkeiten in Sachen Zahlungsverkehr bei der GfbV deckte seinerzeit Vorstandsmitglied, Ehrenmitglied der GfbV und Oberstudienrat i.R. Dr. James Albert auf und kam damit ganz normal seiner Aufsichtspflicht als Vorstandsmitglied nach. Woraufhin Herr Zülch ihn schwerstens beleidigte, als "umstrittenen Lehrer" denunzierte und ihm sogar im GfbV-Büro mit Tätlichkeiten drohte. Im Rahmen einer für den gesamten großen Verein wahrlich nicht repräsentativen MV legte Dr. Albert die Ergebnisse seiner Recherche offen und überzeugend dar. In vollkommen undemokratischer Manier wurde er dafür aus dem Verein geworfen und von Zülchs Hamburger Anwalt Michael Günther in schlimmster Weise gerügt. Die Spitzfindigkeit der GfbV-Strategen zeigt sich auch darin, dass sie RA Günther als "Ethikbeauftragten von Greenpeace" anpreisen. Einen solchen gab es laut Greenpeace allerdings gar nicht. Lustig, was?- Ich finde es unmöglich, dass ein Staatsanwalt die Beweise auf dem Tisch der Kripo Göttingen nicht sehen will und ein Verfahren einstellt, das vollkommen im Interesse einer ethisch korrekt arbeitenden GfbV wäre. Nach dem Motto "was nicht sein darf, kann auch nicht sein" verfangen sich dagegen König Zülch, seine Getreuen, aber auch seine Helfershelfer in der Staatsanwaltschaft immer mehr im Dschungel der Beschönigung. Wer nimmt denn einen solchermaßen taktierenden Verein noch ernst? Eine Selbstauflösung und Neugründung der GfbV sehe ich als dringenst notwendig. Und es wird Zeit, dass sich die Opfer der GfbV einmal in einer Publikation zu Wort melden. Das ist schliesslich die letzte Möglichkeit, wenn der Rechtsstaat versagt.

  • 1
    1324

    Verwundert lese ich, daß die "GfbV" eines iher Vorstandsmitgleider "abberufen" habe ... Allerdings können Vorstandsmitglieder in einem Verein nicht "abberufen" werden - nam kann vielelicht Botschafter abberufen, oder Minister - aber nicht den Vorstand - der das höchste Gremium eines Vereins ist und von der Jahreshauptversammlug gewählt wird.

    Nachdem die genannten Vorstandsmitglieder Albert, Betjen und Klein Unregelmäßigkeiten im Finanzgebaren des Vereins moniert hatten, bemühten sich das Zentralbüro und ein früheres Vorstandsmitglied des Vereins, die genannte Personen zu verunglimpfen und strengte ein Auschlußverfahren u.a. gegen Albert an - der ironischerweise wenige Jahre zuvor wegen seiner hervorragenden Arbeit zu Indien zum "Ehrenmitglied" des Vereins ernannt worden war.

     

    Die kritischen Nachfragen gefielen aber nicht - und so wurde ein "Ausschlußverfahren" bemüht, bei dem sich zwei der drei Mitglieder des Kommittees der Stimme enthielten; nur einer (!) stimmte für den Ausschluss - woraus ein GfbV-Anwalt einen "Ausschluß" von Albert konstruierte.

     

    "Rehabilitiert" ist niemand.

    Es gab auch keinen "Freispruch" - wie das Zentralbüro des Vereins in einer PM vom 23.10.2013 verkündete: Freisprüche erteilen Gerichte - hier aber wurden die Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft nicht weitergeführt - die Gründe dafür sind derzeit nicht öffentlich bekannt.

    Die fragwürdigen Tatbestände aber bleiben nach wie vor bestehen.