Görlitzer Park in Berlin: Agieren ohne Kennzeichnung
Anonyme Security patrouilliert im Görlitzer Park. Ihr Hund soll einen Passanten gebissen haben. Eine Initiative fordert das sofortige Ende.
Kaum einer weiß, wer die Männer sind und wer sie beauftragt hat. Mal seien sie zu zweit im Görlitzer Park unterwegs, mal zu viert. Und fast immer hätten sie einen aggressiven Hund dabei, teilte die Initiative Görli 24/7 am Donnerstag in einer Presseerklärung mit. Mindestens einen Parkbesucher habe der Hund schon gebissen.
Seit Ende Oktober werden die Männer im Görli gesichtet. Dass es sich um Security handelt, die den Bau des umstrittenen Zauns bewachen sollen, ist zu vermuten. Einige hätten eine Weste mit der Aufschrift Sicherheit an, andere seien gänzlich schwarz gekleidet. Kein Firmenname, nichts. Absolut illegal sei dieses anonyme Agieren einer Sicherheitsfirma im öffentlichen Raum, so Görli 24/7. Die Initiative fordert den Senat auf, „den gefährlichen, und gleichzeitig offen rechtswidrigen Einsatz“ umgehend – „also noch heute“– zu beenden.
Die von der landeseigenen Grün Berlin beauftragte Baustellenbewachung diene ausschließlich der Sicherung der Baustellen, teilte Michael Herden, Sprecher Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, mit. Diese ist für den Zaunbau zuständig. „Dabei kommen auf Anraten der Sicherheitsbehörden Teams mit Hunden zum Einsatz.“
Nach dem Vorfall in der Nacht zum 7. November 2025, wobei ein Drehkreuz am Eingang Görlitzer Straße/Görlitzer Ufer entwendet wurde, sei die Bewachung nochmals verstärkt worden, um weitere Schäden und Diebstähle zu verhindern. Sie erfolge täglich nach Feierabend bis in die Morgenstunden sowie an Wochenenden rund um die Uhr. Die beauftragte Sicherheitsfirma stehe hierzu in enger Abstimmung mit der Polizei und den ausführenden Unternehmen vor Ort.
Bezirksamt bestätigt Vorwürfe
Zu dem von der Initiative benannten Hundebiss lägen der Senatsverwaltung keine Erkenntnisse vor; auch die Polizei habe dazu nichts übermittelt, so Herden. Hinweisen zu Beschwerden von Parkbesuchern bezüglich der Baustellenbewachung, „die uns vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg am 28.10. und 10.11.2025 übermittelt wurden“, sei umgehend nachgegangen und mit der zuständigen Firma besprochen worden. In der Folge sei das bereits geschulte Personal der Baustellenbewachung nochmals sensibilisiert worden. Fazit Herden: „Die Baumaßnahmen am Görlitzer Park werden planmäßig fortgeführt.“
Die Pressestelle des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg bestätigte der taz, dass es Vorkommnisse gegegen hat, ohne konkret zu werden. „Vorwürfe über Fehlverhalten von Mitarbeitenden der beauftragten Firma sind dem Bezirksamt bekannt und wurden mit der Bitte um Aufklärung und Abstellung auch an Grün Berlin übermittelt“, so Pressesprecherin Sara Lühmann.
Görli 24/7 stützt ihre Vorwürfe auf eine Verordnung über das Bewachungsgewerbe. Die Kennzeichnungspflicht von im öffentlichen Raum eingesetztem Sicherheitspersonal sei darin eindeutig geregelt: „Jede Wachperson (…) hat während dieser Tätigkeiten sichtbar ein Schild mit ihrem Namen oder einer Kennnummer sowie der Bezeichnung des Gewerbebetriebs zu tragen“, steht darin. Bei der im Görlitzer Park eingesetzten Security sei beides nicht der Fall.
Ein in der Wiener Straße abgestellter Bauwagen diene der Security als Rückzugsort. Auch dieser sei nicht mit dem Logo einer Sicherheitsfirma gekennzeichnet, sagt Flo Grünbaum, Aktivist von Görli 24/7, zur taz. „Der Senat behauptet, er will mit dem Zaunbau Kriminalität bekämpfen, agiert aber selbst im rechtsfreien Raum“, so Grünbaum.
Bissspuren am Arm
Die Hunde der Security seien offenbar scharf auf Menschen abgerichtet, liefen oft an langer Leine, teils auch ohne Maulkorb. „Nach unseren Informationen ist mindestens ein Parkbesucher von einem Hund der Security gebissen worden“, sagt Grünbaum. „Auf dem Arm des Betroffenen, so wurde uns erzählt, waren deutliche Spuren von Hundezähnen erkennbar.“ Zum Glück habe der Betroffene eine dicke Jacke angehabt, die wohl schlimmere Verletzungen verhindert habe.
Beobachtungen von Parknutzern zufolge hat die Polizei die Bestreifung des Parks verstärkt, seit das Drehkreuz an der Zaunbaustelle geklaut worden ist. Auch die Drehtüren würden seither individuell ausgeleuchtet. Das gestohlene Kreuz war am 10. November im Landwehrkanal wieder aufgetaucht.
Die Einzäunung des Görlitzer Parks wird von vielen Anwohnerinnen und Anwohnern, Initiativen und dem grün regierten Bezirksamt abgelehnt. Befürchtet wird, dass Drogenabhängige und mit diesen einhergehende Kriminalität noch weiter in die Wohngebiete verdrängt wird.
In der Pressemitteilung fordert Görli 24/7 den sofortigen Stopp aller Bauarbeiten zur Vorbereitung der Schließung des Görlitzer Parks. Vielmehr müsse der Senat „umgehend“ in einen echten und transparenten Dialog mit Anwohner*innen, Initiativen vor Ort und dem Bezirk treten. Das Ziel sei, „echte Lösungen“ für vorhandene soziale Probleme zu finden.
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