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■ Glühen, zahlen und verstauen: Mutterseelenallein im FrauensexshophinterzimmerNa bitte, geht doch!

Auch wir Frauen von Welt benötigen manchmal etwas mehr Zeit, um langgehegte Pläne in die Tat umzusetzen. Als ich meinen Plan („Besuch eines Sexshops zwecks Erwerbs eines batteriebetriebenen Dingens“) umsetzte, gab es bereits Sexshops für Frauen.

Das Etablissement, das ich an einem drückend schwülen Sommertag ansteuerte, lag erfreulicherweise weder in meiner Nachbarschaft noch in der Nähe meines Arbeitsplatzes, so daß ich nicht befürchten mußte, Bekannte zu treffen. Das Schaufenster war mit gewagten Dessous dekoriert; mehr vom Sortiment war von außen nicht zu sehen.

Am Tag X hielt ich mich denn auch nicht sehr lange vor der Tür auf, sondern schritt beherzt über die Schwelle. Im Laden unterhielt sich die Sexshopchefin mit einer Kundin über Waschanleitungen für eine Art Ganzkörperstringtanga. „Kann ich Ihnen helfen?“ fragte sie freundlich. Ich behauptete, mich erst einmal umsehen zu wollen, und zog mich hinter einen Négligéständer zurück. Himmel, war mir heiß. Während ich ein paar Bügel hin- und herschob, sah ich mich um und ausschließlich Damenunterbekleidung. Ich mußte also fragen.

Ein Weilchen später war ich allein mit der Verkäuferin. Sie hatte Ähnlichkeit mit meiner Mutter, was die Sache nicht eben leichter machte. Während ich errötete, holte ich tief Luft: „Stimmtesdaßichhieraucheinenvibratorkaufenkann?“ Statt mir zu antworten, trat Madame einen Schritt zur Seite, um anschließend mit einer geradezu theatralischen Geste einen riesigen Duschvorhang zur Seite zu ziehen: „Ja, sicher“, sagte sie.

Ich blickte in ein kleines, hell erleuchtetes Hinterzimmer. In der Mitte stand ein rotes Sofa, an der Wand hing die Fotografie eines gutgebauten Mannes, und linkerhand war ein mehrstöckiges Glasregal angebracht: die Spielzeugabteilung. Da gab es allerhand zu sehen: gerade, krumme und sehr krumme Vibratoren; fleischfarbene und goldene, aber auch treppenhausgrüne und sogar marmorierte; Haushaltshilfen für die Handtasche und welche für einen Geigenkasten. Außerdem führte der Laden mit Fell besetzte Kugeln an Schnüren – angeblich aus dem Libanon! –, deren Einsatzmöglichkeiten mir bis heute unbekannt sind.

Als ich just ein von mir favorisiertes Modell in die Hand nehmen wollte, betraten zwei Frauen das Geschäft. Sie stürzten sich zwei Meter vom mir entfernt auf einen Wäschewühltisch mit Sonderangeboten. Kichernd und gackernd hielten sie Slips in die Höhe, linsten aber immer wieder neugierig über den Gummibund in meine Richtung.

Ich traf meine Wahl.

„Ich hätte gern den hier“, flüsterte ich Muttern zu. Wie zu erwarten war, verschwand sie in einen Lagerraum und kehrte mit einer Schachtel zurück, die ich nun, diskret verpackt, schnell forttragen wollte.

Ganz so war es aber nicht. „Dann wollen wir mal sehen, ob der es überhaupt tut“, krähte meine Vibratorberaterin fröhlich und kramte in einer Schublade unterhalb der Kasse „nach Batterien“. Die Freundinnen der preisgünstigen Unterhose beobachteten uns durch transparente Winzigkeiten hindurch. Einmal in Gang gebracht, lärmte das Gerät recht ordentlich. „Na bitte, geht doch!“

Ich glühte, ich zahlte, ich verstaute meinen neuen Bekannten in meiner Tasche.

Dann stand ich – endlich, endlich – wieder draußen. Dunkle Wolken hatten sich inzwischen zusammengezogen, ein Gewitter nahte. Gott sei Dank bin ich nicht katholisch. Carola Rönneburg

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