Gleisdreieck: Gärtner siegen gegen Sportler
Die Gartenparzellen auf dem Gleisdreieck sind gesichert. Weil es kein Geld für Sportanlagen gibt, werden die Gärten wohl in den künftigen Park integriert.
Die 70 Kleingärten in der Südwestecke des Gleisdreiecks sind mindestens bis zum Jahr 2014 gerettet. Dies erklärte am Montag Franz Schulz, grüner Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, bei einer Anhörung zum aktuellen Stand der Bauplanung für den neuen Park am Gleisdreieck an. Bei der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Stadtentwicklung und Sport im Abgeordnetenhaus ging es vor allem um den Konflikt zwischen den geplanten Sportanlagen und der vorhandenen Kleingartensiedlung.
Diese 70 Parzellen sind Teil eines riesigen früheren Bahngeländes zwischen Landwehrkanal und Yorckbrücken, auf dem in den nächsten Jahren ein etwa 35 Hektar großer Park entstehen soll. Auf drei Bauflächen am Rand wird der ehemaligen Immobilientochter der Bahn AG, der Vivico AG, eine Wohnbebauung erlaubt. Und auf etwa vier Hektar am Schöneberger Ende der Yorckstraße sollen laut Uwe Hammer vom Landessportbund Berlin "wettkampfgerechte Sportanlagen" entstehen, darunter "zwei Großflächen und eine überdachte Halle".
Auch Schulz verwies auf die "vielen Bedarfsmeldungen" für die Sportanlagen der drei angrenzenden Quartiere Schöneberg, Kreuzberg und Tiergarten-Süd - um dann faktisch den Plänen vorerst den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Allein eine "ungedeckte Sportfläche" koste 1,8 Millionen Euro. Doch dafür fehlt das Geld: Großzügig stelle sein Bezirk dafür bereits im Jahr 2011 rund 50.000 Euro zur Verfügung, so Schulz; von den anderen beiden Bezirken sei allerdings vor 2014 kein Geld zu erwarten. "Vor 2014 kann man also nicht starten", resümierte Schulz. Und selbst dann müssten die Kleingärten erst weichen, wenn die Finanzierung der Sportanlagen gesichert sei. Für Schulz ergibt dies "automatisch einen Zeithorizont".
Hilfesuchend wandten sich daraufhin die Augen der beiden Vertreter des Landessportbundes in Richtung von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Doch geschickt wich die Senatorin ins Allgemeine aus und wollte zum wiederholten Male "zügig den Bedarf ermitteln", um dann "die Flächen zu sichern".
An dieser Stelle beklagte Franziska Eichstädt-Bohlig, grüne Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für den Bereich Stadtentwicklung, dass "es doch absurd ist, Sportstätten gegen Kleingärten ausspielen zu müssen". Ob man nicht noch mal mit der Vivico AG reden könne, zum Beispiel über das zurzeit von einer Tankstelle genutzte Dreieck zwischen den beiden S-Bahn-Linien an den Yorckbrücken? Damit komme Eichstädt-Bohlig "vier oder fünf Jahre zu spät", belehrte sie Parteikollege Schulz, denn "auch damals fehlte dem Land das Geld, um weitere Flächen für den Park anzukaufen".
Ansonsten konnte auf der Sitzung Torsten Schöppler von der Initiative AG Gleisdreieck seinen Standpunkt eines von den AnwohnerInnen getragenen Parks vortragen. Bei allen Umfragen unter Anliegern falle der von Seiten des Senats favorisierte "Aktivitätspark" durch. Die Menschen sehnten sich nach einem Ort zur "Stressbewältigung und zum Abschalten-Können".
Immerhin hat inzwischen das Land Berlin dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ein Sonderbudget für die Pflege des zukünftigen Parks in Höhe von 500.000 Euro jährlich zugesagt. Denn auch "Spontan-Vegetation muss gepflegt werden, sonst wird es einfach Wald", weiß die ehemalige Kreuzbergerin Junge-Reyer.
So gab es auch keinerlei Gelächter, als Junge-Reyer sich "auf den Beginn der Bauarbeiten in diesem Sommer" freute. Ursprünglich war dieser im Frühjahr 2007 vorgesehen. Nur der 24-jährige sportpolitische Sprecher der FDP, Sebastian Czaja, fragte sich, "ob meine Generation noch die Realisierung des Parks erleben wird".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!