Gleichberechtigung in Berlin: Für mehr weibliche Perspektiven

Die Belange von FLINTA müssen immer mitgedacht werden – nicht nur am 8. März. In der Hauptstadt sind wir davon noch weit entfernt.

Tausende Menschen demonstrieren anlässlich des Internationalen Frauentags.

Tausende FLINTA demonstrierten am Frauenkampftag in Berlin für Gleichberechtigung Foto: A. Friedrichs/Imago

Bis zur Gleichberechtigung ist es noch ein weiter Weg. Auch in Berlin bedeutet eine Frau an der Spitze der Regierung noch lange keine feministische Landespolitik, wie sich im vergangenen Jahr deutlich gezeigt hat. Die patriarchalen Strukturen sind oft stärker als einzelne Personen, abgesehen davon, dass Frauen nicht automatisch feministische Positionen vertreten. Zumindest hat sich Noch-Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) bislang nicht unbedingt mit ihrem Engagement für die Belange von FLINTA hervorgetan.

Dabei wäre das dringend nötig. Denn strukturelle Diskriminierung von Frauen* gibt es auch in der ach so emanzipierten Hauptstadt zuhauf. Die Einführung des internationalen Frauentages oder passender des feministischen Kampftages am 8. März als gesetzlicher Feiertag ändert daran rein gar nichts.

Dafür bräuchte es mehr als Symbolpolitik. Es müssten die Belange von FLINTA in jeder einzelnen Frage mitgedacht werden, statt wie bislang alles aus männlicher Perspektive zu betrachten. Das fängt beim täglichen Klogang an. So lange Frauen* für öffentliche Toiletten zahlen müssen und Männer nicht, und das auch noch damit begründet wird, dass Männer im Gegensatz zu Frauen wildpinkeln würden, stimmt etwas ganz grundsätzlich nicht in dieser Stadt.

Es mag einige schockieren aber: Wir Frauen urinieren genauso wie Männer und dazu haben wir noch so nervige Sachen wie unsere Menstruation. Was wir jedoch nicht haben ist die gesellschaftliche Akzeptanz, uns wie die Penisträger einfach an die nächste Hauswand zu hocken und drauflos zu pinkeln. Vielleicht haben wir da auch einfach keinen Bock drauf. Aber dass wir unser Geschäft versteckt erledigen, ist kein Grund, uns und unsere Grundbedürfnisse zu ignorieren und in der öffentlichen Daseinsvorsorge zu diskriminieren.

Nicht immer ist die Benachteiligung von Frauen so offensichtlich wie bei der Frage der Pinkelgerechtigkeit. Oder bei der Frage, ob wir wie die Männer mit nacktem Oberkörper baden dürfen (Natürlich dürfen wir das, hört endlich auf, unsere Körper zu sexualisieren und über sie bestimmen zu wollen). Es gibt auch weniger offensichtliche Benachteiligungen, die oft mit anderen Diskriminierungsfaktoren wie Klasse oder Hautfarbe zusammenhängen.

Fehlende Wohnungen, fehlende Plätze in Frauenhäusern

Nehmen wir etwa den Berliner Wohnungsmarkt. So lange es keinen bezahlbaren Wohnraum gibt, ist es für Frauen extrem schwierig, ihren gewalttätigen Partner zu verlassen und eventuell noch mit den Kindern aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen. Insbesondere, da in Berlin freie Plätze in Frauenhäusern Mangelware sind. Zusammen mit der bestehenden Lohnungleichheit bedeuten die hohen Mieten in der Hauptstadt, dass viele Frauen dem täglichen Terror von Männern schutzlos ausgesetzt sind, der im schlimmsten Fall tödlich enden kann.

Diese Perspektiven fehlen in der Politik, die mehrheitlich immer noch Männersache ist. Und dennoch liegt ein Paritätsgesetz, das für mehr Gleichberechtigung sorgen würde, in weiter Ferne. Dabei wäre auch dies nur ein erster Schritt, denn so lange Arbeiter*innen, Mi­gran­t*in­nen oder auch Ostdeutsche nicht angemessen repräsentiert sind, bleibt Gleichberechtigung ein ferner Traum. Für den wir jeden Tag kämpfen – nicht nur am 8. März.

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Leiterin taz Berlin und Redakteurin für soziale Bewegungen, Migration und soziale Gerechtigkeit. Schreibt in ihrer Kolumne "Pöbelmanie" über Klassenkampf aus der Perspektive eines Kindes der Arbeiter*innenklasse. Hat politische Theorie studiert, ist aber mehr an der Praxis interessiert.

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