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Gipfeltreffen EU-AfrikaMisstöne zwischen EU und Afrika

Der EU-Afrika-Gipfel in Libyen ist mit einem neuen Aktionsplan, aber ohne Finanzierung und ohne eine gemeinsame Position zum Klimawandel zu Ende gegangen.

Muammar Gaddafi beim EU-Afrika-Gipfel in Tripolis. Bild: dpa

Der EU-Afrika-Gipfel in Libyens Hauptstadt Tripolis ist am gestrigen Dienstag minimalistisch zu Ende gegangen. Eine von der EU gewünschte gemeinsame Erklärung zum Klimawandel, die in den laufenden Weltklimagipfel im mexikanischen Cancún eingebracht werden soll, wurde aufgrund des afrikanischen Widerstandes nicht verabschiedet. Afrika habe seine "eigene Position" zu vertreten, hieß es stattdessen. Die deutsche Bundesregierung hatte vorab die Klimaerklärung als eines der wenigen zu erwartenden konkreten Gipfelergebnisse dargestellt.

Der Gipfel verabschiedete wie erwartet eine "Erklärung von Tripolis", die die europäisch-afrikanische Partnerschaft bekräftigt, und einen zweiten Aktionsplan zu deren Umsetzung, der den Aktionsplan von Lissabon 2007 ersetzt. Dieser zweite Plan erkennt implizit die untergeordnete Rolle der EU und ihres afrikanischen Gegenstücks AU (Afrikanische Union) an. EU und AU "können die ambitionierten Zielsetzungen des Aktionsplans nicht einlösen", heißt es.

Priorität sei jetzt, dass Aktivitäten auf der Ebene von Nationalstaaten, regionalen Wirtschaftszusammenschlüssen und des Privatsektors "zur Einlösung der kollektiven Verpflichtungen beitragen". AU-Kommissionschef Jean Ping aus Gabun warnte, dass die Frage der Finanzierung wie schon 2007 ungeklärt sei.

Die wechselseitige Skepsis reflektiert sich vertiefende Differenzen zwischen Afrika und Europa vor allem in Wirtschaftsfragen. Afrika lehnt eine vollständige Öffnung seiner Märkte für europäische Waren ab und verlangt ein Ende der Konditionierung von Entwicklungshilfe.

Wobei Letzteres im Widerspruch steht zur Forderung des Gipfelgastgebers Muammar al-Gaddafi, die EU möge Libyen jährlich fünf Milliarden Euro für die Flüchtlingsabwehr zahlen. Gaddafi, der im offiziellen Gipfelprogramm als "Bruder Führer" bezeichnet wird, hatte am Abend des ersten Tages zum Bankett direkt im Anschluss an den Tagesordnungspunkt "Ernährungssicherheit" geladen.

Für überraschende Einigkeit sorgte der Sudan, der den Gipfel boykottierte, weil der sudanesische Präsident Omar Hassan al-Bashir mit internationalem Haftbefehl verfolgt wird. Eigentlich ist es die afrikanische Position, diesen Haftbefehl nicht anzuerkennen. In der gemeinsamen Gipfelerklärung wird nun "die Notwendigkeit der Stärkung nationaler Rechtssysteme und internationaler Zusammenarbeit bei der Suche nach Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung, einschließlich der Verfolgung schwerster Verbrechen" betont.

Außerdem rufen EU und Afrika gemeinsam alle Seiten im Sudan dazu auf, das Ergebnis der Volksabstimmung über eine Unabhängigkeit Südsudans am 9. Januar 2011 zu respektieren.

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4 Kommentare

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  • U
    Ulli

    Ey Gaddafi, isch weiß wo dein Haus wohnt.

     

    Warum verhandeln wir eigentlich mit menschenverachtenden Diktatoren?

  • TF
    Thomas Fluhr

    "Wobei Letzteres im Widerspruch steht zur Forderung des Gipfelgastgebers Muammar al-Gaddafi, die EU möge Libyen jährlich fünf Milliarden Euro für die Flüchtlingsabwehr zahlen." Worin besteht der Widerspruch? Oder betrachten sie Flüchtlingsabwehr als Entwicklungshilfe? Wenn "Afrika" mal aufmuckt, wird es gleich zum Bösen stilisiert.

  • TS
    Thomas Schäfer

    Meines Erachtens belegt der Artikel erneut, dass sich die afrikanischen Staaten von niemandem zu irgendeinem nicht passenden Verhalten drängen lassen.

    Dazu ermutigt werden sie z.T. auch durch das massive Auftreten Chinas in der Region. Von diesen erhalten sie viel Geld ohne jegliche politische Gegenleistung. Den Chinesen geht es weitgehend lediglich um den Zugang zu Rohstoffen; um an diese zu gelangen kooperieren sie mit jedem, wenn's sein muss auch mit dem Teufel.

    So gesehen zeigen sich die "Kommunisten" der VR China als sehr gelehrige Schüler der untergegangen UdSSR sowie der USA.

    In dieser Gemengelage wird die Haltung der EU als oberlehrerhaft, arrogant abgelehnt

  • F
    Frank

    ? Was ist das denn.

    Dieser Bericht ist eigentlich ein Fragenkatalog.

    Sowas erstellt man als "Reporter" vorher um dann diese Fragen zu -klaeren-. Wieso wird sowas veroeffentlicht?

     

    Was war der Inhalt, zusammenfassend, der der von der EU gewuenschten und von der AU abgelehnten Erklaerung zum Klimawandel?

    Welche Differenzen gab es ?

     

    Was sind das fuer Aktionen und welche Unterschiede (es wird doch wohl Gruende fuer den Ersatz des Lissabon-Plans geben)

    existieren zwischen diesen beiden?

     

    Was muss da finanziert, und wurde nicht finanziell geplant?

     

    Untergeordnete Rolle von EU und AU? Worunter oednet sich da was?

     

    Welche Entwicklungsmassnahmen werden wie konditioniert?

     

    5 Milliarden zur Fluechtlingsabwehr? Wer wird da, warum abgewehrt?

     

    Und dann dieser Omar Ben Jussuv oder so?

    Wer sucht den, warum?