Giftstoffe in Konsumprodukten: Händler schweigen gern

Hersteller und Händler müssen über giftige Chemikalien in ihren Produkten Auskunft geben, schreibt die EU vor. Doch ein Testkauf zeigt: Nur wenige halten sich daran.

Einkauf mit besonders besorgniserregenden Inhaltsstoffen? Händler und Hersteller müssen Käufern Auskunft geben. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Auskunftsrechte von Verbrauchern über gefährliche Chemikalien werden von vielen Unternehmen missachtet. Das zeigen Recherchen des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), die er am Montag in Berlin vorstellte. Von 24 getesteten Handelsketten hatten sich nur sieben korrekt verhalten, alle anderen verstießen gegen die europäische Chemikalienverordnung Reach, sagte Jurek Vengels, Chemikalienexperte des Verbandes.

Reach schreibt den Händlern und Herstellern von Produkten unter anderem vor, auf Nachfrage von Verbrauchern über "besonders besorgniserregende" Inhaltsstoffe innerhalb von 45 Tagen Auskunft zu geben. Diese Chemikalien stehen auf einer Liste der EU-Kommission, die ständig erweitert wird.

So bat der BUND per Brief zum Beispiel den auf Kinderartikel spezialisierten Katalogversand Jakoo um Auskunft über die Inhaltsstoffe einer Federmappe. Das fränkische Unternehmen antwortete "ausweichend" und "suggerierte, die angebotenen Produkte seien frei von Schadstoffen", so Vengels. Doch der BUND ließ das Mäppchen im Labor testen: Es enthielt Weichmacher, über die Jakoo nach Reach hätte Auskunft geben müssen. Das Unternehmen äußerte sich nicht zu den Vorwürfen.

Ähnlich verhielten sich die Drogerieketten dm und Rossmann bei den Testkäufen; sie informierten nicht über einen belasteten Badeschwamm (dm) und eine Kulturtasche (Rossmann). Er könne sich die Panne nur mit einem einzelnen menschlichen Versagen erklären, sagt Erich Harsch, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung.

Es gab aber nicht nur Negativbeispiele. Der zur Rewe-Gruppe gehörende Baumarkt Toom etwa gab beim Testkauf eine schnelle und eindeutige Antwort. Die Filialen hielten entsprechende Frageformulare vor, die an die Zentrale in Köln gesendet und dort beantwortet würden, sagt Andreas Krämer, Sprecher der Rewe-Gruppe. Obwohl seit Etablierung des Reach-Prozesses 2008 nur "wenige Dutzend Anfragen" eingegangen seien, fordere Rewe die Hersteller auf, auf besonders besorgniserregende Stoffe zu verzichten. Dies ist die Grundidee der Verordnung.

"Reach soll den Verbraucher in die Lage versetzen, eine informierte Kaufentscheidung zu treffen", sagt Martin Führ, Professor für Öffentliches Recht an der Hochschule Darmstadt. Er ist Mitglied des Verwaltungsrats der europäischen Chemikalienagentur Echa, die Reach umsetzt. Eine informierte Öffentlichkeit könne auf die Hersteller Druck ausüben, gesündere Produkte anzubieten, sagt Führ. "Das funktioniert aber nur, wenn der Handel seinen Auskunftspflichten nachkommt."

Die Idee von Reach sei theoretisch gut, sagt Lisette van Vliet von der Verbraucherorganisation Health and Environment Alliance in Brüssel. Die Verordnung werde bislang aber nicht mit Leben gefüllt. So sei die "Kandidatenliste" besonders gefährlicher Chemikalien mit bislang 38 Stoffen viel zu kurz. Umweltgruppen hätten in den vergangenen Jahren mindestens 1.500 Chemikalien identifiziert, die auf die Liste gehörten. Die Mitgliedsländer statteten die zuständigen Behörden nicht mit ausreichend Personal aus.

Ein standardisierter Fragebrief für Verbraucher findet sich auf der Internetseite des BUND, und zwar hier.

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