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Gift unter dem Asphalt

■ Anfang der 80er Jahre entsorgte Esso Abfall aus der Petrochemie in den Unterbau von Teerstraßen / Oytener Gutachter fand krebserregende Kohlenwasserstoffe

„Üble Gerüche“ stiegen vor zwei Jahren aus Straßenbaugruben in Oyten auf. Durch mißtrauisches Nachbohren über deren Herkunft stieß der Grüne Ortsverband Oyten auf eine ungewöhnliche Recyclingmethode. Anfang der 80er Jahre hatte die Hamburger Esso-AG Säureharze und Phenole aus der Petrochemie beseitigt, indem sie in Strassenunterbaumaterial verwandelt wurden. 10.000 Kubikmeter davon wurden zum Beispiel auf den Werksgeländen von AG Weser, Bremer Vulkan und Klöckner verbaut.

Eine akute Gefährdung der Trinkwasserversorgung gibt es nicht, zu diesem Ergebnis kommt zumindest ein Gutachten, daß die Gemeinde Oyten in Auftrag gege

ben hat, da auch in ihrem Bereich 18.000 Kubikmeter des Esso -Abfalls unter 13 Kilometer Gemeindestraßen liegen. Der Gutachter, Dr. Nowack aus Ottersberg, analysierte u.a. polyciklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), polychlorierte Biphenyle und „Summenparameter“ aus Kohlenwasserstoffen. Letztere finden sich in zwei Proben 12 -15 fach über dem Wert, „wo heute üblicherweise eine Sanierung von mit Kohlenwasserstoffen belastetem Boden beginnt“. Zusätzlich stellte Nowack eine krümelige Struktur des Unterbaumaterials fest und analysierte eine hohe Löslichkeit der vorhandenen „organischen Verbindungen“.

Trotzdem attestiert Dr. No

wack abschließend keinen „akuten Handlungbedarf“ zur Beseitigung der Esso-Abfälle, da „der Wasseraustausch zwischen Material und Grundwasser langsam“ sei. „Im übrigen würde eine Auskofferung des Unterbaumaterials die Zerstörung aller neun Esso-Straßen bedeuten“. Es würden enorme Kosten entstehen und keiner wüßte, wo diese Altlast dann deponiert werden könnte.

Der Biologe A. Kühne vom Verdener „Institut für Mensch und Natur“ hält das Gutachten nur für geeignet, die möglichen Trinkwasserprobleme zu vertuschen. „Keine Aussage über mittel- und langfristige Gefährdungspotentiale“ lautet sein Urteil zur Nowack-Expertise, denn

vor allem die in Oyten gefundenen PAK gehören zu den gefährlichsten und krebserregendsten Stoffen überhaupt.

Doch die Gemeinde Oyten will ein von den Grünen gefordertes hydrogeologisches Gutachten nicht erarbeiten lassen. In Bremen findet das Altlastenproblem unterdessen noch keine Beachtung. Sowohl in der Bremer Verwaltung als auch bei den betroffenen Firmen AG Weser, Bremer Vulkan oder der Klöckner -Hütte herrscht nichts als Unwissenheit. Bei Klöckner hält man es zum Beispiel gar für „äußerst unwahrscheinlich“, daß überhaupt umgewandelte Ölschlämme verwandt wurden.

Christoph Theiling

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