Gewichtsfragen: Gegen dick und dünn

Die Bundesregierung hat einen neuen Feind: den Schlankheitswahn. Dürre Models sollen verbannt werden.

Rippenschau soll keinen Vorbildcharakter haben. Bild: reuters

Es ist nicht lange her, da kämpften Horst Seehofer (CSU), Bundeslandwirtschaftsminister, und Ulla Schmidt (SPD), Bundesgesundheitsministerin, Seit an Seit gegen das Übergewicht. Denn so dick wie die Deutschen sei kein Volk in Europa, hatte im Mai eine Studie ergeben. Drei Viertel der Männer und fast zwei Drittel der Frauen wiegen zu viel, hieß es damals. Zu wenig Sport und die falsche, weil schlechte und billige Ernährung waren schnell als Schuldige gefunden.

Jetzt gibt es einen neuen Kampf: "Leben hat Gewicht - Gemeinsam gegen den Schlankheitswahn" heißt eine neue Kampagne, die Schmidt gemeinsam mit Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) am Donnerstag in Berlin vorstellte. Rigoros müsse gegen den Schlankheitswahn fördernde Medien vorgegangen werden, wird in dieser Kampagne gefordert. "Magermodels gehören weder auf den Laufsteg noch in die Werbung", sagte Schmidt. Deshalb sei es höchste Zeit, eine gesellschaftliche Debatte zu führen und ein gesundes Schönheitsideal hervorzuheben. Dazu sollen schon Kindergärten zu "Lernorten für gesunde Ernährung" werden. Aber mehr als diese gut gemeinten Vorschläge gibt es noch nicht. Auch die Grünen wollen die Essstörungen bekämpfen. Die geplante Initiative reiche nicht aus, meinen sie und wollen ein Gesetz zur Selbstverpflichtung von Modeunternehmen. Die sollen keine untergewichtigen Models mehr beschäftigen, fordern sie in einem Bundestagsantrag.

Neben den Bundesministerinnen werben auch die schlanke Sängerin Jeannette Biedermann, die Designerin Jette Joop - auch nicht dick - und Emma-Herausgeberin und bald Ex-Chefredakteurin Alice Schwarzer. Kein Mann war bei der Präsentation dabei. Jette Joop gestand ein, dass Kleider an extremen Körpern einfach besser als an Normalmaßen aussehen, aber "in meinem Unternehmen gibt es nie Fotos von Mädchen, die deutlich krank sind".

"Dürr sein darf nicht länger als schick gelten", kritisierte dagegen Alice Schwarzer und schob hinterher: "Hunger ist das Suchtmittel Nummer eins in der westlichen Welt", außerdem sei "eine 80-Kilo Frau sexyer als eine arme Dürre, die nur ihren Zustand verhüllen will". Und: "Es ist kein Zufall, dass jetzt, wo die Frauen in die Welt hinausgehen, dieses Bild propagiert wird." Der Schlankheitswahn als Verschwörung der Männerwelt? Einer jedenfalls fehlte bei der Veranstaltung: Horst Seehofer.

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