piwik no script img

Gewerkschaften zu TarifeinheitsgesetzDGB vereint im Schweigen

DGB, IG Metall und Ver.di wollen sich zurzeit nicht zum Gesetzesentwurf von Arbeitsministerin Nahles äußern. Piloten drohen mit Verfassungsklage.

Die Gewerkschaft der Piloten ist nicht glücklich mit dem drohenden Tarifeinheitsgesetz. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Dachverband gibt sich zugeknöpft, die beiden größten Einzelgewerkschaften ebenso. „Wir machen dazu zurzeit nichts“, sagt eine DGB-Sprecherin.

„Wir werden das erst kommentieren, wenn der Gesetzentwurf in seiner endgültigen Fassung vorliegt“, sagt eine Sprecherin der IG Metall. Auch in der Berliner Ver.di-Zentrale will man sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zum geplanten Tarifeinheitsgesetz äußern. Der derzeit kursierende Referentenentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), aus dem die taz zitiert hat, sei noch nicht die endgültige Version, heißt es zur Begründung.

Das kann man so sehen, muss es aber nicht. Tatsächlich gibt es nach taz-Informationen an dem endgültigen Gesetzesentwurf, der am heutigen Freitag in die Ressortabstimmung gehen soll, noch Änderungen – aber die sollen nur kleinerer, eher redaktioneller Natur sein.

Es bleibt also dabei: Künftig soll im Falle einer Tarifkollision nur noch die im Betrieb mitgliederstärkste Gewerkschaft zum Zuge kommen. Von ihrem Wohlwollen wird es abhängen, welcher Spielraum kleinere Spartengewerkschaften noch bleiben wird. Dem Marburger Bund, der Vereinigung Cockpit oder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) dürfte die Alternative Unterordnung oder Untergang bleiben.

Ringen um eine Linie

Der Grund für das Schweigen des DGB, der IG Metall und von Ver.di dürfte denn auch nicht in den kleinen Versionsänderungen des Gesetzesentwurfs liegen. Hinter den Kulissen ringen die Gewerkschaftsspitzen vielmehr um eine gemeinsame Linie. Während die IG Metall die Pläne von Nahles unterstützt, lehnt sie Ver.di entschieden ab.

Während die Bundesspitze noch um eine diplomatische Lösung bemüht ist, spricht die nordrhein-westfälische Ver.di-Landesleiterin Gabriele Schmidt Tacheles. Das Gesetzesvorhaben sei eine nicht hinnehmbare „indirekte Einschränkung des Streikrechts“, sagte Schmidt. „Eine einheitliche und solidarische Interessenvertretung aller Beschäftigten eines Betriebs muss von den Gewerkschaften in eigener Autonomie realisiert werden, wenn sie erfolgreich sein soll.“ Staatliche Eingriffe seien „Gift für die Tarifautonomie“.

Bei anderen DGB-Gewerkschaften wird das anders gesehen. So begrüßt der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, ausdrücklich die Gesetzespläne von Nahles als „gutes Signal“. Auch der neue DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, ein IG-BCE-Mann, gilt als glühender Befürworter. Anfang der Woche traf er sich mit Andrea Nahles sowie Innenminister Thomas de Maizière, Justizstaatssekretärin Stefanie Hubig sowie Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer im Kanzleramt zum freundlichen Tête-à-tête über den Referentenentwurf.

Unterdessen bereitet sich die Pilotenvereinigung Cockpit auf eine Verfassungsklage vor. Ihr zur Seite steht dabei die Kanzlei von Exbundesinnenminister Gerhart Baum. „Klar, lege ich Verfassungsbeschwerde ein“, sagte Baum dem Handelsblatt. Das geplante Gesetz wäre „ein erheblicher Eingriff in Grundrechte“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die GLD stört! Wobei? - Über die negative Kommentare zum GDL-Streik

     

    Es ist interessant, dass die meisten negativen Kommentare zum Streik der GDL damit argumentieren, dass das ihr höchst bescheidenes Leben, mit dem sie zurechtkommen wollen, durcheinander bringt:

     

    - man erreicht nicht rechtzeitig seinen schlechtbezahlten Schichtbetrieb, von dem man existenziell so absolut abhängig ist, weshalb man jedes Opfer an Zeit und Lohn in Kauf nimmt, um überhaupt etwas zu bekommen und der GDL vorwirft es in einer der reichsten Gesellschaften nicht dabei belassen will, überhaupt etwas zu bekommen: eine Drohung!

     

    - von der Arbeit kaputt erreicht man verspätet sein Zuhause und sein Schatz, welchen man in Anspruch nimmt, sich um einen sorgen zu müssen, um sich zumindest das als weiß-warum einleuchten zu lassen, warum man seine Lebenszeit opfert, um eine Familie unterhalten zu können und diese einen befähigt, wohl reproduziert, sich am nächsten Tag bei der Arbeit wieder verschleißen zu lassen.

     

    - das wenige Stück Freizeit, das die Arbeit übrig lässt, will gut genutzt sein, schnelle Verkehrsanbindungen ermöglichen das. Die Erholung von der Arbeit ist scheinbar am Arsch, wenn die Züge nicht fahren und man nicht schnell genug weg von seinem tristen Leben kommt - mehr Zeit im Leben hat man ja nicht. Zudem kostet Freizeit Geld, eine Monatskarte für die Bahn - keine Entschädigung, wenn Züge nicht fahren - für Leute, die kaum was verdienen ein echtes Problem.

     

    Link entfernt.

  • Der DGB hat keine Meinung?

    .

    Natürlich nicht, wenigstens nicht offiziell. Die "großen" Gewerkschaften sind doch genau so viel "Arbeitnehmervertretungen" wie die SPD "sozaldemokratisch"!

    .

    Meint Sikasuu

    .

    (Der sich nach > 40 Jahren Gewerkschaft, von der IGM .... bis Verdi angeekelt von diesem Klüngelhaufen abgewandt hat und jetz in einem kleine "Spartenverein" ist!;-(()

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "So begrüßt der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, ausdrücklich die Gesetzespläne von Nahles als „gutes Signal“. Auch der neue DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, ein IG-BCE-Mann, gilt als glühender Befürworter."

     

    Bei Gewerkschaften, die von dem Büttel der Arbeitgeber und neoliberalen, IG-BCE domoniert sind, kann man's vergessen. Michael Vassiliadis ist Vorstandsmitglied der Atlantik-Brücke und in einem obskuren neoliberalen Lobbyverein "Stiftung Neue Verantwortung". Reiner Hoffmann, der in diesem Jahr DGB-Vorsitzender wurde, sagte in seiner Antrittsrede wir müssen "wirtschaftlichen Standort unserer Industrie stärken".

    Ich glaube, dass mittlerweile die Mitgliedschaften der Gewerkschaftsfunktionäre in den Aufsichtsräten eine fantastische Möglichkeit bieten sie nach Belieben zu formen.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "DGB vereint im Schweigen"

     

    - Als wenn das ein Wunder wäre!?

  • Honi soit qui maly pense -

  • Eigentlich ist es doch egal, wie die DGB-Gewerkschaften sich dazu stellen. Am Ende scheitert das Gesetz am Bundesverfassungsgericht.