Gewalttat in Berlin: Obdachloser angezündet
Mordversuch am U-Bahnhof Schönleinstraße: Opfer bleibt unverletzt. Polizei sucht mit Video nach Tatverdächtigen.
Keine Absperrung, keine Spuren von Löschschaum, auch keine Blumen: Am Montagmorgen ist am U-Bahnhof Schönleinstraße an der Grenze von Kreuzberg und Neukölln alles ruhig. Nur wenige Fahrgäste warten am zweiten Weihnachtsfeiertag auf den nächsten Zug. Nichts deutet darauf hin, dass der Bahnhof 30 Stunden zuvor Schauplatz eines grausamen Mordversuchs war.
In der Nacht zum ersten Weihnachtsfeiertag haben hier laut Polizei Unbekannte versucht, einen schlafenden Obdachlosen anzuzünden. Sie legten der Behörde zufolge Feuer an seine Kleidungsstücke. Dritte verhinderten Schlimmeres: Passanten hätten die Flammen sofort gelöscht. Ein U-Bahn-Fahrer, der das Geschehen beobachtet hatte, eilte laut Polizei ebenfalls mit einem Feuerlöscher hinzu. So blieb der offenbar betrunkene 37-Jährige zum Glück unverletzt.
Sieben junge Männer
Ein komplett wehrloses Opfer, Täter, die ohne jegliches Mitgefühl zur Sache gehen – Innensenator Andreas Geisel (SPD) brachte das Entsetzen über die Tat am Sonntag auf den Punkt: „In diesen Tagen sollten wir Nächstenliebe erwarten. Stattdessen erleben wir Menschenverachtung.“ Die Polizei fahndet inzwischen nach sieben Jugendlichen oder jungen Männern und hat Bilder von ihnen aus der Überwachungskamera auf ihrer Homepage veröffentlicht.
Erst kürzlich hatte ein Mann am U-Bahnhof Hermannstraße einer Frau unvermittelt in den Rücken getreten, sodass sie die Treppe hinunter stürzte. Der Eindruck, dass sich Gewaltvorfälle auf U-Bahnhöfen häuften, sei aber falsch, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Im Gegenteil: Die BVG habe 2011 einen Höhepunkt mit 880 Gewalttaten gegen Menschen registriert. Seitdem seien die Zahlen stark zurückgegangen – 2015 seien es 484 Gewalttaten gewesen. „Es spricht sich herum, dass die Bahnhöfe videoüberwacht sind“, so Reetz. Es komme oft nur zu Taten im Affekt.
Auch Angriffe auf Berliner Obdachlose hätten nicht zugenommen, sagte Dieter Puhl, Leiter der Bahnhofsmission, die in der Hauptstadt vielen Menschen auf der Straße hilft. „Was passiert ist, tut mir sehr leid. Aber aus meiner Sicht häuft sich das nicht.“ (mit dpa)
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