Gewalteskalation in Hongkong: Attacke von maskierten Schlägern

Die Konfrontation in Hongkong zwischen Demokratieaktivisten und pekingtreuen Kräften spitzt sich zu. Zeugen berichten von Mafia-Gruppen.

Männer in weißen T-Shirts mit Knüppeln und Stangen bewaffnet

Bewaffnete attackierten in Hongkong Demonstranten Foto: reuters

BERLIN taz | Im Anschluss an eine weitere Großdemonstration Hongkonger Demokratieaktivisten ist es am späten Sonntagabend zu einem Überfall auf Demonstranten und Demonstrantinnen gekommen. Die Schläger trugen weiße T-Shirts, waren maskiert und mit Metallstangen und Holzschlägern bewaffnet, als sie einige Dutzend zumeist junge Leute am Bahnhof Yuen Long im Nordwesten der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong angriffen. Die waren gerade aus der U-Bahn gestiegen – der Schlägertrupp attackierte sie noch am Gleis.

Videoaufnahmen zeigen, wie brutal die Angreifer dabei vorgingen. Ein Demonstrant lag bereits am Boden, ein Maskierter trat weiter auf ihn ein. Mindestens 45 Menschen wurden krankenhausreif geprügelt, sechs erlitten schwere Verletzungen, einer von ihnen schwebte am Montag noch in Lebensgefahr.

Anwohner berichten, bei dem Schlägertrupp habe es sich um Mitglieder von Triaden gehandelt, Mafia-Gruppen, die enge Beziehungen zum chinesischen Festland pflegen. Auch der bei der Attacke verletzte Abgeordnete Lam Cheuk Ting machte für den Angriff Mitglieder von Triaden verantwortlich und sprach von „sehr barbarischen und gewalttätigen Taten“.

Scharf kritisierte er auch das Vorgehen der Polizei. Trotz verzweifelter Hilferufe sei eine Sondereinsatzstaffel erst nach einer Stunde eingetroffen. Sie hätten die weiß gekleideten Angreifer nicht festgenommen, obwohl diese sich weiterhin in den Straßen nahe dem Bahnhof aufgehalten hätten. Augenzeugen berichten, sie hätten die Männer wenig später in Autos mit Kennzeichen vom chinesischen Festland wegfahren sehen. Der in Hongkong bekannte Demokratie-Aktivist Nathan Law schrieb auf Twitter von „Schande über die Regierung“. Der Vorfall wecke Befürchtungen, dass sich die chinesische Mafia in die politische Auseinandersetzung einschaltet habe.

Der Attacke ging eine mehrstündige Protestkundgebung der Hongkonger Demokratieaktivisten mit erneut mehreren Zehntausend Teilnehmern voraus. Seit nunmehr sieben Wochen gehen sie gegen die Regierung auf die Straße. Auslöser der Proteste war ein von Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam eingebrachtes Auslieferungsgesetz, das es ermöglicht hätte, Bürger der chinesischen Sonderverwaltungszone bei bloßem Verdacht einer Straftat in die Volksrepublik zu überstellen.

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Nach Massendemonstrationen und auch vehementem Protest der in Hongkong einflussreichen Unternehmer legte Lam das Vorhaben auf Eis und versprach, es in dieser Legislaturperiode nicht wieder einzubringen. Doch die Aktivisten geben sich damit nicht zufrieden. Sie fordern den Rücktritt von Lam und umfassende demokratische Reformen.

Hongkong war bis 1997 eine britische Kronkolonie. Bei der Rückgabe an China wurde den Hongkongern in einer Art Mini-Verfassung nach dem Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ für 50 weitere Jahre demokratische Rechte zugestanden, über die Bürger auf dem chinesischen Festland nicht verfügen. Diese Freiheiten sehen viele Hongkonger jedoch zunehmend unterhöhlt. Gewählten Abgeordneten der Pro-Demokraten wurden vor zwei Jahren ihre Sitze im Parlament ­aberkannt, Hongkonger Medien werden immer stärker zensiert, Demokratieaktivisten mit Prozessen überhäuft.

Inzwischen haben sich allerdings auch einige Aktivisten radikalisiert. Als der Demonstra­tionszug am Sonntag an der chinesischen Vertretung vorbeizog, bewarfen einige maskierte Demonstranten das Gebäude mit Eiern. Der Leiter der Vertretung, Wang Zhimin, forderte die Hongkonger Regierung auf, die „Randalierer“ zur Verantwortung zu ziehen.

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