Gewalt in der Schule: Fesselspaß im Klassenzimmer gerät zur Gewalttat
In einer Tempelhofer Sekundarschule haben fünf Jugendliche einen Gleichaltrigen an einen Stuhl gefesselt und geschlagen. Kriminalpolizei ermittelt. Bildungsstadtrat lobt Reaktion der Schule.
Viel Zeit ist in der Fünfminuten-Pause zwischen zwei Unterrichtsstunden nicht. Aber es reichte fünf Schülern einer Tempelhofer Sekundarschule, um einen 14-Jährigen mit Klebeband an einen Stuhl zu fesseln. Das Opfer soll später gesagt haben, freiwillig mitgemacht zu haben. Aber dann eskalierte das Geschehen. Dass der Betroffene nicht verletzt wurde, ist wohl dem Umstand zu verdanken, dass Mitschülerinnen einschritten. Jetzt ermittelt die Kripo wegen gefährlicher Körperverletzung. Auch disziplinarisch wird der Vorfall ein Nachspiel haben.
Schauplatz des Geschehens war eine weiterführende Schule mit gutem Ruf: Die Werner-Stephan-Schule und die Dag-Hammarskjöld-Schule fusionierten im Sommer 2010 zur Sekundarschule. Der Vorfall ereignete sich am Mittwoch gegen 12.30 Uhr in einer 9. Klasse der einstigen Dag-Hammarskjöld-Schule. Laut Polizei verpassten die Schüler dem Gefesselten mehrere Nackenschläge. Als der Junge versuchte, sich zu befreien, sei der Stuhl ins Kippeln geraten. Nun habe einer der Täter gegen das Stuhlbein getreten, sodass der Junge mit dem Stuhl umgekippte. Am Boden liegend habe er einen Tritt gegen den Oberkörper erhalten. Nachdem Mitschülerinnen einschritten, befreite einer der Tatverdächtigen den 14-Jährigen.
Der Tempelhofer Bildungsstadtrat Dieter Hapel (CDU) erklärte, die Schule habe "richtig und konsequent" auf den Vorfall reagiert. Der Lehrer, der nach der Pause Unterricht hatte, habe die Situation sogleich erfasst und sich um das Opfer gekümmert. Der Junge sei umgehend in die Schulstation gebracht worden, wo sich eine Schulpsychologin um ihn gekümmert habe. Am Donnerstag seien Täter-Opfer-Gespräche eingeleitet worden, so Hapel. Im Beisein einer Fachkraft hätten sich die fünf bei dem Opfer entschuldigt.
"Das war kein Vorsatz mit der Absicht, dem Jungen zu schaden", glaubt Hapel. "Das war als Spaß angedacht". Sowohl Täter als auch Opfer hätten das so gesagt. Das Opfer habe keine sichtbaren Verletzungen davon getragen, sei von seinen Eltern am Freitag aber krank gemeldet worden. Die fünf Täter müssten neben strafrechtlichen Konsequenzen auch mit Disziplinarmaßnahmen rechnen. Den Vorfall selbst werde ein Präventionsbeauftrager des Polizeiabschnitts mit der Klasse aufzuarbeiten versuchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht