piwik no script img

Gewalt in AfghanistanNeuer Höchststand bei Opferzahlen

Laut UN-Mission forderte der Konflikt in Afghanistan fast 1.600 Tote und mehr als 3.300 Verletzte im ersten Halbjahr. Darunter viele Frauen und Kinder.

Danielle Bell, Direktorin für Menschenrechte bei UNAMA, präsentiert den Bericht. Foto: ap

Kabul afp | Die Zahl der zivilen Opfer des Konflikts in Afghanistan hat im ersten Halbjahr 2015 nach UN-Angaben einen Rekord erreicht. Zwischen Januar und Juni seien 1592 Zivilisten getötet und 3329 verletzt worden, heißt es in einem am Mittwoch von der UN-Mission in Afghanistan (Unama) veröffentlichten Bericht. Insgesamt stieg die Zahl der zivilen Opfer damit um ein Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bei den Todesfällen ging die Zahl zwar um sechs Prozent zurück, doch stieg sie bei den Verletzten um vier Prozent an.

Im Schnitt wurden pro Tag neun Zivilisten getötet und 18 verletzt. Die UN-Mission weist in ihrem Bericht darauf hin, dass es durch Kampfhandlungen am Boden mehr Tote und Verletzte gibt als durch selbstgebaute Sprengsätze. 70 Prozent der zivilen Opfer gingen auf Gewalt von Rebellengruppen zurück, darunter den islamistischen Taliban. Allerdings stieg zugleich die Zahl der Opfer durch regierungstreue Truppen um 60 Prozent an.

Nach Angaben von Unama war der Anstieg der Opferzahlen unter Frauen und Kindern besonders hoch. Bei Frauen sei die Zahl um 23 Prozent, bei Kindern um 13 Prozent gestiegen. „Die nackte Statistik ziviler Opfer spiegelt nicht in ausreichendem Maße den Horror der Gewalt in Afghanistan wider“, erklärte der Unama-Leiter Nicholas Haysom. Aus der Statistik gehe nicht das Leid der Familien und betroffenen Gemeinden hervor.

Der internationale Kampfeinsatz in Afghanistan war im Dezember nach 13 Jahren zu Ende gegangen. Es bleiben zwar 13.000 Soldaten zur Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte, doch haben diese die alleinige Verantwortung für die Sicherheit. Der Experte Graeme Smith von der International Crisis Group sagte, während des Nato-Kampfeinsatzes hätten die Taliban vor allem Guerilla-Taktiken benutzt. Gegenüber den afghanischen Kräften würden sie kühner auftreten, weshalb die Opferzahl gestiegen sei.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Todenhöfer´s Erklärung für den Terror, dass sich der Widerstand gegen die US-Truppen richte und nach deren Abzug der Weltfrieden Einzug halten werde, hat sich als fatale Fehlanalyse erwiesen. Sowohl im Irak als auch in Afghanistan haben sich nach dem Abzug die Opferzahlen dramatisch erhöht.

    Da schließ ich mich der Meinung des Friedespreisträgers Navid Kermani an:

    "Offenbar sei die Öffentlichkeit im Westen nicht bereit sich daran zu gewöhnen, "dass man ab und zu auch militärisch dann auch eingreifen muss, wenn man Völkermorde, Vertreibung, ethnische Säuberung verhindern will". Vielmehr scheine man sich an den Gedanken zu gewöhnen, "dass da jetzt über längere Zeit ein quasi-faschistisches Regime über weite Teile des Nahen Ostens herrscht".

    Kermani vermisst außerdem die Solidarität Europas mit den betroffenen Regionen: Obwohl in der unmittelbaren Nachbarschaft Europas ganze Staaten zusammenbrächen, Millionen auf der Flucht seien und Massaker an Tausenden verübt würden, sei die internationale Öffentlichkeit immer noch "vergleichsweise still". Dass man da keine Riesenkonferenzen, Demonstrationen, Mahnwachen, ich weiß nicht was alles man machen müsste, dass es keine allzu große Solidarität gibt, auch nicht mit denen, die die ganzen Flüchtlinge aufnehmen in der Region."