Gesundheitssenatorin handelt: Kinderambulanz für Bremen

Klinken und Ärz­t*in­nen sind überlastet, weil zu Corona und Grippe nun auch noch das RS-Virus kommt. Bremen nimmt die Sache nun selbst in die Hand.

Ein Mann sitzt an einem Krankenhausbett, in dem ein Kind liegt

Kinderkrankenhäuser und -ärzte sind derzeit stark überlastet Foto: Christoph Soeder/dpa

BREMEN taz | Das System Kindermedizin, es ächzt und knirscht an allen Enden: Bei Kinderarztpraxen kommt telefonisch niemand mehr durch, vor den Wartezimmern bilden sich lange Schlangen, die Notaufnahmen sind überlastet. In dieser Lage nun führt Bremen kurzfristig eine kommunal getragene Kinderambulanz ein: Nur 14 Tage nach der ersten Idee steht seit vergangener Woche die Finanzierung und die rechtliche Zulassung, Mitte Januar soll es losgehen.

Zielgruppe sind alle Familien: Solche, die bisher keine Kinderarztpraxis hatten, aber auch alle, die gerade keinen Termin ergattern können. Doch wie sollen ein paar frei gewordene Ärz­t*in­nen aus dem frisch geschlossenen Bremer Kinderimpfzentrum das System retten?

Das Zauberwort heißt Telemedizin: Das, was anderswo gar nicht mehr möglich ist, die telefonische Beratung, soll hier schnell große Zahlen an kleinen Pa­ti­en­t*in­nen versorgen helfen. Die Me­di­zi­ne­r*in­nen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit am Telefon mit Eltern. Wenn die Ferndiagnose es erfordert, gibt es auch persönliche Termine in der Ambulanz oder bei komplexeren Fällen Sonderzuweisungen an andere Praxen. Viele Eltern aber brauchen nur Antworten auf Fragen, ein Kinderkrank-Attest oder ein Rezept für den neuerdings rezeptpflichtigen Fiebersaft.

„Sauschnell“ könne man solche Aufgaben dank der Massenstruktur abarbeiten, beschreibt es der Sprecher der Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke); verlassen kann man sich dabei auf die Erfahrungen, die die Stadt mit dem Kinderimpfzentrum gesammelt hat.

Übernommen werden nur Feld-, Wald-, und Wiesen-, (beziehungsweise Kita-, Schul-, und Hort-)Krankheiten: Erkältungen etwa, Magen-Darm-Infekte, oder Masern. Alles was komplex ist, chronisch oder selten gehört nicht in die Kinderambulanz.

Auf schmalem Grad

Bremen balanciert mit seinem Projekt auf einem schmalen Grat – an sich nämlich, so regelt es das Sozialgesetzbuch V, darf der Staat sich kaum einmischen in die Gesundheitsversorgung durch niedergelassene Ärzt*innen. Das Gesundheitsamt argumentiert deshalb mit „Bevölkerungsschutz“ – einer von zwei Tatbeständen, die es dem öffentlichen Gesundheitsdienst ausnahmsweise erlauben, sich auf diesem Terrain zu bewegen.

Widerstand gibt es von dort dieses Mal nicht: Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen zeigt sich im Gegenteil dankbar für die Entlastung; und auch die Krankenkassen sind an Bord und beteiligen sich an der Finanzierung. Der Löwenanteil der Kosten aber, bis zu 500.000 Euro, wird aus dem Haushalt der Stadt getragen.

Die Nutzungsdauer der Ambulanz ist strikt auf die Ausnahmesituation begrenzt: Mitte Januar soll die Kinderambulanz öffnen, spätestens am 18. März ist alles wieder vorbei. Eine Verlängerung ist ausgeschlossen. „Die Sicherstellung der Versorgung im niedergelassenen Bereich kann nicht durch kurzfristiges Einspringen des öffentlichen Gesundheitsdienstes sichergestellt werden“, stellt Claudia Bernhard klar.

Die linke Gesundheitssenatorin nutzt ihren Spielraum, mit ihrer Behörde hat sie immer wieder für Aufsehen gesorgt: mit mehrsprachigen Gesundheitsscouts, die fürs Impfen mobilisierten; mit einem Hebammenzentrum, das auch für die schlechter situierten Stadtteile da ist; oder mit einer Anlaufstelle, in der es ärztliche Behandlung auch für Menschen ohne Krankenversicherung gibt.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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