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Gesundheitsministerium ausspioniertIm Auftrag der Apotheken-Lobby

Ein IT-Dienstleister soll das Gesundheitsministerium jahrelang ausspioniert haben. Auch E-Mails des Ministers könnten betroffen sein. Der ist „stinksauer“.

Ärgert sich über „so viel kriminelle Energie“: Gesundheitsminister Bahr Bild: dpa

BERLIN rtr | Aus dem Bundesgesundheitsministerium sind offenbar jahrelang geheime Unterlagen entwendet worden. Wie ein Sprecher am Dienstagabend in Berlin bestätigte, hat das Ministerium Strafanzeige gegen einen externen IT-Dienstleister erstattet, der Zugang zum EDV-System hatte. Die Berliner Staatsanwaltschaft habe ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Mann habe seit dem 20. November Hausverbot.

Weiter hieß es in Kreisen des Ministeriums, der IT-Mitarbeiter habe wohl mit einem Apotheken-Lobbyisten zusammengearbeitet, der ihm E-Mails, Beschlüsse, Gesetzesentwürfe und andere Daten abgekauft habe.

Bereits vor rund zwei Jahren habe es einen ersten Verdacht gegeben, da Entwürfe und Vermerke sehr schnell bekanntgeworden seien – zum Teil noch bevor Minister Daniel Bahr und sein Vorgänger Philipp Rösler oder deren Staatssekretäre die Papiere gekannt hätten. Ein konkreter anonymer Hinweis sei dann in den vergangenen Monaten eingegangen, woraufhin der Mann observiert worden sei.

Bahr äußerte sich sehr verärgert. „Ich bin stinksauer über diese kriminelle Energie. Das muss die Staatsanwaltschaft schnell aufklären“, sagte der FDP-Politiker der "Bild"-Zeitung von Mittwoch. Laut Süddeutscher Zeitung sollen auch E-Mails aus der Leitungsebene betroffen sein – also Nachrichten, die von Staatssekretären, Bahr und Rösler stammten.

Ziel der Aktionen war es offenbar, sich über noch geheime Gesetzgebungsvorhaben im Pharma- und Apothekenbereich zu informieren - etwa das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) aus dem Jahr 2010 und die Apotheken-Betriebsordnung. Die Ausspähung soll sich bis in das laufende Jahr hingezogen haben. Der Apothekenverband ABDA äußerte sich zunächst nicht zu dem Fall.

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11 Kommentare

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  • N
    @naseweiser

    Anhänger von Scientology bespitzeln sich gegenseitig. Gerade im Zusammenhang Apo´s, allgemein Gesundheit sind interessante Inhalte bekannt. Geld und noch mehr Geld.

    Von daher könnte es gerade bei der FDP umgekehrt sein.

    Wer das Schweigen bricht, bricht die Macht.

  • N
    naseweiser

    So was Beklopptes aber auch : da spioniert Pharmafia ihre eigene Lobby in der Regierung aus ! Unglaublich !

  • P
    Pharmakriminalität

    ist seit Jahren an der Teagesordnung. Uwe Dolata zeigt es auf.

    Es hat ja seinen Grund warum gerade in Europa gefälsche Tabletten auf den Markt kommen. Die staatlich garantierte Gewinnspanne ist gigantisch, es geht um billionen Euro. Die USA geht mit Tätern anders um! Frankreich und Deutschland könnte zig billionen Euro durch Zusammenarbeit im Gesundheitssystem sparen.

     

    CBG und der Präzedenzfall, dreimaliger Mordanschlag auf einen Arzt der zum Whistelblower wurde, wurde bewusst von den Medien verschwiegen. Alfredo Pequito Bayergate, Kinderversuche in Portugal. Was liebe ich Opus Dei und deren Stehkragenbande. Ein Friedensnobelpreis für die Bande.

     

    Die kriminelle Energie die hinter der Industrie steckt, ist gigantisch und auch seitens Bundespolitiker gewollt und wird aus Steuergeldern bezahlt. Deren technische Infrastruktur wurde outgesourct, in Hände die fragwürdig sind.

    Selbst ein Kohl ließ sich mit dem Chauffeur zur öffentlichen Telefonzelle fahren. Was war damals mit Amigo Strauß und Kohl!

     

    Regierungsspionage, ob England/Murdoch, Griechenland/Vudufon-Goldmann Sachs "Fluch der ETSI Schnittstelle..Die griechische Datenschutzbehörde hat Vodafone Hellas erstinstanzlich mit 76 Millionen Euro Bußgeld abgestraft" oder noch dreister Nestlegate/Sicherheitsfirma Securitas oder CIA SYNA Spion Tom der unter Muttis Hosenanzug staatlichen Schutz erhielt.

    Der kleinere Rahmen, Asklepios und ihre Wanzen.

    http://www.multiwatch.ch/de/f97000066.html

    http://quintessenz.at/d/000100003765

     

    Regierungszynismus, aufgrund Terror und Spionage, Gesetze über Deutschland/Europa ergiessen und selbst die eigenen Empfehlungen nicht beachten.

    Politiker meinen sie schweben im freien Raum über allem. Sind dabei eher Täter oder Verursacher ohne Verantwortung.

     

    Mehdorns Deckname Eichhörnchen, Bahn und Telekom, ist die IT Firma zur HSH Prevent AG mit Polizei Anbindung mutiert?

  • P
    pharmahure

    Die Pharma- und Apothekenindustrie und ihre Lobby sind hochgradig kriminell und mafiös organisiert. Das zeigen die überhöhten Preise und Gewinne für Medikamente auf Kosten von Gesundheit und Leben der Kranken Menschen.

  • K
    Kuddel

    Das kann gar nicht sein, da Gesetzgebungsvorhaben von der Lobby ins Ministerium gehen. Den umgekehrten Weg nehmen sie nur, um Korrektur gelesen zu werden.

  • U
    Ungläubiger

    Datenklau und Wirtschaftsspionage sind dann freilich eine ganz andere Geschichte, das ist schlicht kriminell und steht auch Apothekern nicht gut zu Gesicht.

    Aber da gilt, wie in allen anderen Fällen von Kriminalität auch: nicht alle über einen Kamm scheren und nicht wegen eines schwarzen Schafes gleich die ganze Herde schlachten ;)

    Das wiederum stünde einem aufgeklärten Menschen in einer säkularen Welt nicht sonderlich gut zu Gesicht!

  • U
    Ungläubiger

    Bei einem Interview mit einem Apotheker aus NRW habe ich erfahren, dass der Deckungsbeitrag eines rezeptpflichtigen Medikaments bei gerade einmal drei Prozent liegt.

    Drei Prozent! Selbst im Buchhandel bleiben bis zu "üppige" 10 Prozent (im Falle eines Buches) beim Händler hängen. Von anderen Branchen wie Kiosken (Süßwaren etc.), Deko-Läden oder Bekleidungsgeschäften ganz zu schweigen. Bei denen liegen die Margen im Schnitt bei 50%. Im Fall eines gut verkauften Artikels sind Aufschläge bzw. Deckungsbeiträge von bis zu 100% drin.

    Also: Nicht immer sinnlos Apotheker bashen! Wenn die von irgendwas leben können, dann davon dass sich immer noch jeder meint wirklich auch das letzte schwachsinnige Kosmetikprodukt auf die kaputte Haut schmieren zu müssen. Die Beratung ist in der Tat ein wichtiger Aspekt in Apotheken. In der Regel wissen die meisten Menschen nicht, welche Medikamente sie gefahrlos kombinieren können.

    Oder wer hätte gewusst, dass er als Allergiker und Asthmatiker mit dem Wirkstoff Budesonid nicht auch Aspirin schlucken sollte?

    Richtig, der Apotheker ;)

  • N
    Normalo

    Klares Versagen seitens der Apothekerlobbyisten. Krankenkassen und Privatversicherer regeln so etwas viel eleganter und entsenden - ganz offiziell - eigene Funktionäre ins Ministerium. Dort brauchen sie dann die neuen Gesetzesvorlagen gar nicht auszuspionieren, weil sie sie einfach selbst schreiben...

  • L
    lowandorder

    Schlimm - ja.

     

    Aber zeigt, daß die Branche

    Gesundheitszauberartikel doch arg schwächelt!

    daß sie sich solcher Methoden bedienen muß.

     

    Als der oberste Spendenmafiosi der CDU

    - nach dem Paten & Ex-chancler Helmut K. naturellemente

    - von Sayn-Wittgenstein noch an den Hebeln

    der Macht saß, schrieb die Pharma-Lobby sich

    Ihr Arzneimittelgesetz weitgehend selbst.

     

    Daß dann so zerklüftet war, daß zu Zeiten von Andrea Fischer

    der Bundesrat den Bundestag aufforderte

    " ein lesbares Gesetz zu verfassen"

    ( klarer Fall von Adressenschwindel!).

     

    Wenn da wirklich mal was den Unwillen von

    Merck & Co erregte - zu knappe Frist zum Betrügen oder so -

    dann wurde dem Schoßhündchen - vulgo der Genosse der Bosse -

    GazPromGerd Bescheid gestoßen.

    Und ab dafür.

     

    Mir ist kein Anwalt aus diesem Bereich bekannt,

    der nicht irgendwann hinter einem der Schreibtische

    des Bundesamtes für Arzneimittel- und Medizinprofukte

    oder dem Gesundheitsministerium gesessen hat.

     

    Die Umtopfung des BfArM von Berlin nach Bonn tat

    dann ein Übriges und ließ den letzten Sachverstand in Berlin zurück.

     

    So geht das.

  • D
    derda

    "Der Apothekenverband ABDA äußerte sich zunächst nicht zu dem Fall."

     

    Und? Was hat er dann gesagt?

  • S
    Stefan

    Wie absolut unnötig! Als würde in diesem Land jemals irgendwer den Apothekern in ihrer Geldschneiderei zu Leibe rücken! Auf meiner Straße gibt es auf einer Länge von ca. 1,4 km 6 Apotheken. Wovon die wohl alle so gut leben? Vom "Beratung" genannten vorlesen des Beipackzettels etwa?