piwik no script img

Gesundheit in BrasilienSoldaten an der Mücken-Front

Die Regierung versucht gegen den Zika-Virus zu kämpfen. Er breitet sich schnell aus und schädigt vor allem Neugeborene.

Überträgt der Zika-Virus: Die Aedes-Aegypti-Mücke. Foto: dpa

Berlin taz | Über 4.000 Säuglinge sind in Brasilien seit Oktober mit Mikrozephalie zur Welt gekommen. Normalerweise sind es in einem solchen Zeitraum vielleicht 100 Babys mit dieser Krankheit, bei der das Gehirn viel zu klein ist und schwere Schädigungen zu erwarten sind. Die Häufung wird auf die Ausbreitung des Zika-Virus zurückgeführt, das in 21 Staaten Lateinamerikas und der Karibik Panik verursacht. Jetzt kündigte Brasilien an, 220.000 Soldaten im Kampf gegen die Mücke einzusetzen, die den Erreger überträgt.

„Wir laufen Gefahr, diese Schlacht zu verlieren. Es ist eine der schlimmsten Gesundheitskrisen, die das Land je erlebt hat“, erklärte Gesundheitsminister Marcelo Castro am Montag. Die Soldaten sollten „von Haus zu Haus“ gehen und die Bewohner aufklären, wie sie die Ausbreitung der Aedes-Aegypti-Mücke verhindern können.

Zudem sollen Schwangere aus ärmeren Schichten kostenlos mit Mückenschutzmittel versorgt werden. Die Anti-Zika-Plan der Regierung sieht vor, mindestens 400.000 Frauen auf diese Weise zu unterstützen. Castro rief alle Brasilianer auf, sich großzügig mit Mückenschutz einzudecken.

Das Virus verursacht eine bislang wenig untersuchte Infektionskrankheit. Symptome wie Fieber, Gliederschmerzen, Hautausschlag und Bindehautentzündung sind in der Regel nicht gefährlich und nach etwa einer Woche vorbei. Bei Schwangeren besteht allerdings die Gefahr einer Übertragung auf den Säugling. Es wird vermutet, dass dies die Ursache schwerer Missbildungen ist. Der genaue Zusammenhang ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) jedoch noch nicht genau geklärt.

Schwangerschaften verschieben

Aufgrund dieses Verdachts forderten die Regierungen von Kolumbien, Jamaika und drei weiteren Ländern der Region die Menschen auf, eventuell geplante Schwangerschaften auf „frühestens Juli“ zu verschieben. Angesichts der Häufung von Mikrozephalie-Fällen sei die Gefahr für Neugeborene so groß, dass eine solche Vorsichtsmaßnahme nötig sei, so die Begründung. Mehrere Länder, darunter die USA, rieten Schwangeren von Reisen in Länder der Region ab.

Schon vergangene Woche hatten die Behörden in Rio de Janeiro ein Notprogramm für die Olympischen Spiele verkündet. Die Sportstätten und Touristenattraktionen in der Metropole sollen regelmäßig kontrolliert werden. Geplant ist zudem die umstrittene Versprühung von Insektiziden im Stadtgebiet.

Wir laufen Gefahr, diese Schlacht zu verlieren

Marcelo Castro, Gesundheitsminister

Gegen das Zika-Virus, das sich in Lateinamerika, aber auch in Asien und Afrika ausbreitet, gibt es kein Medikament. Der Erreger wurde vor rund 70 Jahren erstmals in Uganda festgestellt.

Die Stechmücke überträgt neben dem Zika-Virus weitere Krankheiten wie Gelbfieber, das Dengue-Fieber und die Chikungunya-Krankheit. Während Gelbfieber aufgrund von Impfungen effektiv eingedämmt werden konnte, ist vor allem Dengue weltweit auf dem Vormarsch. In schweren Fällen und insbesondere im Wiederholungsfall können die Fieberattacken von Dengue auch zum Tod führen.

Seit Jahren kämpft Brasilien ohne große Erfolge gegen die Ausbreitung der Aedes-Aegypti-Mücke. Ein Impfstoff gegen Dengue wurde kürzlich zugelassen, doch Wissenschaftler bezweifeln, dass dies zu einer Eindämmung der Krankheit führen wird. Noch umstrittener ist der Einsatz von Gen-Mücken, der im Nordosten Brasiliens getestet wird. Die Gen-Mücken sollen sterile Nachfahren hervorbringen und damit die ganze Population ausrotten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!