Gestohlene Asservate: Computerkriminalität in Kiel
Der Staatsanwaltschaft Kiel sind beschlagnahmte Computer geklaut worden – darunter ein Laptop aus den Ermittlungen gegen Waffenhersteller Sig Sauer.

BREMEN taz| Ausgerechnet ein bei den Ermittlungen gegen den Waffenhersteller Sig Sauer beschlagnahmtes Laptop ist der Kieler Staatsanwaltschaft abhanden gekommen: Nicht mal einen Monat nach der Sicherung des Beweismittels haben Unbekannte es im August vergangenen Jahres aus einer Außenstelle der Strafverfolgungsbehörde gestohlen, teilte Oberstaatsanwältin Birgit Heß am Freitag mit: „Der Betroffene ist sofort verständigt und die Polizei eingeschaltet worden.“ Öffentlich habe man den Vorgang nicht gemacht, weil er als ermittlungsinterne Angelegenheit eingeschätzt wurde.
Nur Wochen später seien weitere Rechner aus derselben Dienststelle entwendet worden, hieß es am Freitag. Bei diesen habe es sich aber „nicht um Beweismittel aus laufenden Ermittlungsverfahren“ gehandelt, so Heß. Auswirkungen auf die Sig-Sauer-Ermittlungen seien „nicht zu befürchten“.
Ermittelt wird gegen den Eckernförder Pistolenproduzenten, weil er verdächtig ist, über Mittelsmänner in den USA unter anderem Kasachstan und Kolumbien mit Handfeuerwaffen beliefert zu haben: Zwischen 2009 und 2012 sollen mehr als 100.000 Sig-SP-2022 auf diese Weise illegal dort eingeführt worden sein. Kleinwaffen stellen laut Rüstungskritiker Jürgen Grässlin „die Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts“ dar. Kolumbien gehört, trotz seit gut zehn Jahren stetig sinkender Rate, mit 30,3 Morden pro 100.000 EinwohnerInnen zu den zehn gefährlichsten Ländern der Welt.
Während das Kieler Justizministerium zur Asservaten-Panne vorerst beklommenes Schweigen wahrte, regte sich die Opposition. FDP-Frontmann Wolfgang Kubicki rügte, „wie sorglos offensichtlich bei der Staatsanwaltschaft Kiel mit wichtigen Beweismitteln umgegangen wird“. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Günther probierte sogar, politischen Honig aus dem Vorfall zu saugen. Dieser Vorfall sage nämlich „viel darüber aus“, so Günther zur DPA, „wie sicher sich Einbrecher in Schleswig-Holstein mittlerweile fühlen“. Aber Honig ist im Grunde auch nur ausgekotzte Bienenscheiße, und von einem Einbruch in die Kieler Staatsanwaltschaft war gar nicht die Rede.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder