Gespräche zum Ukrainekrieg in Antalya: Türkischer Vermittler
Im Ukrainekrieg will die Türkei zwischen Kiew und Moskau vermitteln. Dabei hat Präsident Erdogan vor allem seine eigenen Interesse im Blick.
Tatsächlich ist dieses Treffen, wie immer es auch ausgehen mag, jetzt schon ein Erfolg für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Seit Wochen und Monaten hat er sich bereits als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine angeboten, zuletzt allerdings von Putin einen Korb für ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski in der Türkei bekommen.
Am Mittwoch traf auch der israelische Präsident Izchak Herzog in Ankara ein, dessen Land sich ebenfalls um eine Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine bemüht. Für das Treffen mit dem russischen Außenminister hat Dmytro Kuleba angekündigt, er wolle dort auf ein direktes Zusammenkommen der beiden Präsidenten von Russland und der Ukraine drängen. Letztlich würde ja der russische Präsident Putin allein wichtige Entscheidungen treffen. Cavusoglu und Erdogan erwarten dagegen, dass man sich zu mindestens auf eine Ausweitung von Fluchtkorridoren und humanitäre Hilfe verständigt.
So wäre das Ziel aus türkischer Sicht erst einmal ein Waffenstillstand. Die von Erdogan angestrebte Vermittlerrolle entspricht auch dem ureigensten Interesse der Türkei. Zwar hat sich die türkische Regierung seit dem russischen Einmarsch verbal eindeutig auf die Seite der Ukraine geschlagen. Und schon seit Monaten liefert die Türkei die gefürchteten Kampfdrohen Bayraktar B-2, mit denen die Ukraine derzeit erfolgreich russische Panzer und anderes militärisches Gerät aus der Luft angreift.
Erdogan ist von Putin abhängig
Aber trotzdem will Erdogan Putin nicht völlig verprellen. Zu stark ist die Abhängigkeit von Moskau, nicht nur, was die Lieferung von Öl und Gas betrifft, auch die russischen Touristen und der russische Markt für türkische Agrarprodukte sind für die sowieso stark angeschlagene türkische Ökonomie überlebenswichtig. Deshalb hält die Türkei ihren Luftraum für russische Flugzeuge, anders als die EU, weiterhin offen und hat sich auch sonst den EU-Sanktionen nicht angeschlossen.
Allerdings hat die Türkei letzte Woche den russischen Einmarsch nicht als „Sonderoperation“, sondern als Krieg definiert und entsprechend dem Abkommen über die Meerengen an den Dardanellen und dem Bosporus die Passage vom Mittelmeer ins Schwarzen Meer für alle Kriegsschiffe geschlossen. Lediglich Kriegsschiffe der Schwarzmeer-Anrainerstaaten dürfen auf dem Rückweg in ihren Heimathafen die Meerengen noch passieren, wenn sie sich vorher anmelden und von der Türkei eine Genehmigung bekommen. Das stört Putin aktuell nicht so sehr, dürfte aber längerfristig die russische Marinebasis im syrischen Tarsus in Schwierigkeiten bringen, sobald der Nachschub aus Russland ausbleibt.
Der facto verhält die Türkei sich mehr oder weniger neutral, was in der Bevölkerung auf große Unterstützung stößt. Man will sich vom Westen nicht in eine tödliche Konfrontation mit Russland treiben lassen, denn zum einen leben und arbeiten in Russland wie in der Ukraine etliche Türken und zum anderen sind die vielen Kriege zwischen dem Osmanischen Reich und dem zaristischen Russland noch gut im öffentlichen Gedächtnis präsent.
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