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Gespräche von USA und Russland in RiadWarum sich Saudi-Arabien für die Ukraine interessiert

Kronprinz Mohammed bin Salman hat den russischen und den amerikanischen Außenminister nach Riad eingeladen. Was dahintersteckt.

Hat einen Plan: Mohammed bin Salman Foto: Evelyn Hockstein/reuters

In Riad haben sich eine russische und eine US-amerikanische Delegation zu Gesprächen über die Ukraine getroffen. Warum bietet sich ausgerechnet Saudi-Arabien als Vermittler in diesem verfahrenen Konflikt an?

Dahinter steht einerseits die „Strategie 2030“: Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) setzt auf eine Diversifizierung der Einnahmequellen, weg von der Förderung und Verarbeitung fossiler Energieträger. Dafür will das Land Investoren anziehen und sich als starke diplomatische Kraft in der Region etablieren. MBS hat Reformen – etwa dass Frauen Auto fahren dürfen – durchgesetzt, die dem Westen gefallen könnten.

Andererseits führt er das Land weg von dessen historisch enger Verbindung mit den USA – bedingt durch die Ölförderung unter Aramco (Arabian-American Oil Company), die als Joint Venture von US-Firmen begann, in den 1970ern vom Königreich verstaatlicht wurde und heute als Saudi Aramco eines der weltweit wertvollsten Unternehmen ist.

Mit Russland unterhält Saudi-Arabien schon lange gute Beziehungen – auch weil das Land nach dem Mord an dem Oppositionellen Jamal ­Ka­shoggi 2018 die Beziehungen beibehielt. Selbst in Richtung Iran hat das Königreich jüngst Verhandlungsbereitschaft gezeigt und sich als Media­tor präsentiert. Damit kratzt es an der diesbezüglichen Vorreiterrolle des Emirats Katar, das durch seine vorgeblich neutrale Position derzeit etwa zwischen Hamas und Israel verhandelt.

Ein zweiter Faktor sind die Investitionen, vor allem im Agrarbereich, die Saudi-Arabien in den letzten Jahren in der Ukraine und Russland getätigt hat: Über Salic (Saudi Agricultural and Livestock Investment Company), die dem staatlichen Investitionsfonds des Königreichs gehört, besitzt das Königreich außerdem 12 Prozent des größten ukrainischen Agrarkonzerns MHP. Über die Salic gehörende Firma CFG werden knapp 200.000 Hektar in der Ukraine mit Getreide bewirtschaftet. Zugleich investiert Riad derzeit in das Azow Grain Terminal, das Getreide im russischen Hafen Asow verschiffen soll.

Denn weniger als 2 Prozent der Fläche Saudi-Arabiens wird landwirtschaftlich genutzt, auch aufgrund des heißen und trockenen Klimas. Die Investitionen, die Saudi-Arabien in die Getreide- und Viehwirtschaft tätigt, dienen auch der Ernährungssicherheit des Landes selbst.

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4 Kommentare

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  • Die Argumentation und der Erklärversuch ist schwach. Tatsächlich geht es Saudi Arabien um mehr als nur Regionalmacht zu sein. Es geht über das Projekt 2030 hinaus, das man als saudische Version der neuen Seidenstraße Chinas verstehen kann.



    Der Schritt gen Ukraine ist der erste Schritt über 2030 hinaus: Schneller als andere hat Saudi Arabien begriffen, das eine multipolare Weltordnung im Entstehen ist, die unipolare die erste Hälfte des Jahrhunderts nicht überdauern wird. Dabei machen die Saudis nichts den Fehler sich den BRICS-Staaten anzuschließen, dessen Verbund man mit Fug und Recht als Verlängerung der chinesischen Seidenstraße verstehen kann.



    In seinem weiten Kampf mit Iran um die Vorherrschaft in der Region geht Saudi Arabien gezielt und überlegt vor und holt sich nun Reputation von außen als Schritt zwei.



    Anders als Norwegen ist davon auszugehen, dass der saudische Staatsfond Public Investment auch zusehends politisch und strategisch eingesetzt wird. Nicht nur die Amerikaner und die Russen wollen die seltenen Erden der Ukraine…

  • Zusätzlich zu den im Artikel genannten Gründen darf auch stark angenommen werden, dass die Drohung der USA - man könne Putin den Krieg durch Senkung des Ölpreises vermiesen, sollte er sich gänzlich Verhandlungen verweigern - Saudi Arabien nicht kalt lässt, denn eine derartige Ölpreissenkung würde das Königreich wirtschaftlich empfindlich treffen...



    Neben der positiven Presse geht es Saudi Arabien also auch schlicht um sehr viele harte Dollar...😉

  • Zwei mordende Diktatoren und ein möchtegern Diktator. Das gbit bestimmt eine tolle Party.

    • @Semon:

      Ich finde es ganz besonders interessant, wie Winnie the Puh jetzt WEITGEHEND UNBEACHTET die Entwicklung abwartet.