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Gespräche über RadgesetzKein lustiger Dreh

Die Initiative Volksentscheid Fahrrad schwankt beim offiziellen Dialog zum Radgesetz zwischen Zweckoptimismus und Zorn

Ein bisschen Luft ist schon am Anfang raus – aber vielleicht reicht's ja noch Foto: Simon Law, CC BY 2.0

Eigentlich will Heinrich Strößenreuther vom „Volksentscheid Fahrrad“ nicht allzu kritisch sein nach dem ersten Termin des Radgesetz-Dialogs in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz am Mittwochabend. „Etwas ruckelig“ sei es erst gewesen zwischen der parteilosen Senatorin Regine Günther, ihrem grünen Staatssekretär Jens-Holger Kirchner und VertreterInnen der Koalitionsfraktionen sowie einem Team aus Mitgliedern des Volksentscheid-Initiative und des ADFC, zum Schluss hin habe es sich aber „positiv entwickelt“. Trotzdem, legt Strößenreuther nach: Seine MitstreiterInnen und er seien „not amused“.

Damit meint der Radaktivist die Haltung der Senatsverwaltung gegenüber der Initiative und ihrem Gesetzentwurf, für den sich beim Antrag auf ein Volksbegehren fast 100.000 BerlinerInnen mit ihrer Unterschrift ausgesprochen hatten. „Es ist kein wertschätzender Umgang, der da mit uns gepflegt wird“, so Strößenreuther.

Wobei es mit dem Begriff schon losgeht: Von „Verhandlungen“ redet auf Senatsseite niemand, „Dialog“ ist die offizielle Wortwahl. Das steht aus Sicht der Initiative für die bewusste Missachtung der Tatsache, dass erst die Mobilisierung durch den „Volksentscheid Fahrrad“ die Politik gezwungen hat, beim Radverkehr gleich mehrere Schippen draufzulegen. Regine Günther nimmt auch gar kein Blatt vor den Mund: „Ich möchte da ganz offen dran gehen“, sagt sie, man solle sich nicht „an einem festgelegten Entwurf abarbeiten“.

Es ist die jüngste in einer Kette von Demütigungen für die AktivistInnen: Erst verschleppte die alte Senatsverwaltung unter Andreas Geisel (SPD) monatelang ihre Stellungnahme zur Rechtssicherheit des Radgesetz-Entwurfs, dann erfuhr die Initiative aus der Presse – genauer: der taz –, dass ein von Geisel angefordertes externes Gutachten mehrere Paragrafen als unvereinbar mit Bundesrecht einschätzte. Und mit dem offiziellen Bescheid über die (Un-)Zulässigkeit des Entwurfs lässt sich jetzt der Innensenator viel Zeit – der auch Andreas Geisel heißt.

Gesetzentwurf revidiert

„Der Senat zeigt, dass er Bürgerbeteiligung nicht ernst nimmt“, findet Strößenreuther. Schon dass Geisel das Rechtsgutachten nicht mit dem Auftrag verband, gangbare Alternativen vorzuschlagen, wurmt ihn. Die Initiative hat nun eine revidierte Fassung vorgelegt, mit der die Runde arbeiten könnte – wenn es denn so gewollt wäre.

Beim ADFC sieht man die Sache etwas lockerer: Es habe beim ersten von vier geplanten Terminen „ganz nach einem positiven Bündnis ausgesehen“, meint Landeschefin Eva-Maria Scheel. Allerdings gibt es nicht nur große inhaltliche, sondern auch personelle Schnittmengen mit der Initiative. Allzu groß werden die Differenzen in diesem Lager also nicht sein.

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2 Kommentare

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  • Die 'parteilose' Frau Günther sitzt auf Ticket der Grünen im Senat.

    Sie erteilt mit ihrem Verhalten eine politische Lehrstunde:

     

    Wie konnte es zum Absturz der Grünen in der Wählergunst von 15% auf 7% innert 9 Monaten (mit weiterhin fallender Tendenz) kommen?

     

    Weshalb können die Grünen nicht vom größten bundesdeutschen Umweltskandal ever, dem Dieselbetrug, profitieren? Zur Erinnerung: 'Fukushima' hatte den gegenteiligen Effekt.

     

    Eine der stärksten umweltpolitischen Mobilisierungen in Deutschland, die von breiten Bevölkerungskreisen getragene Kampagne für lebenswertere Städte, deren Ausdruck vor allem Initiativen für einen inklusiven urbanen Radverkehr sind, findet völlig ohne Grüne Beteiligung statt.

    Mehr noch: Wohin man schaut, Berlin, Bremen, Hamburg, ... überall sind es mitregierende Grüne, die das Ancien Regime des Kfz-Infrastrukturmonopols in vorderster Front verteidigen.

     

    Gut möglich, dass die umweltpolitisch orientierte Wählerschaft erkannt hat:

     

    Nur über ein deftiges Trauma, wie es ein Nichteinzug in den Bundestag wäre, kann eine politische Neuorientierung erreicht werden.

     

    Der aus 2004 von der Ba-Wü Connection ins Werk gesetzte Abgesang auf die Verkehrswende muss dringend revidiert werden.

    (SPIEGEL, 4/2004: "Verkehrswende. Letzte Ausfahrt Lebenslüge

    Zusammen mit .. Fritz Kuhn und Michaele Hustedt hatte der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion .. die Jahrzehnte alte Forderung nach einer Verkehrswende als „Lebenslüge“ der Grünen bezeichnet – und damit einer heiligen Kuh grüner Verkehrspolitik das Messer an die Kehle gesetzt.")

     

    Zur umweltpolitischen Verantwortung wie zur wirtschaftspolitischen Vernunft gehört heute die Einsicht:

     

    Die deutsche Kfz-Industrie ist nicht zukunftsfähig.

    Das Geschäft mit Verbrennungsmotoren wird dem Wandel der (urbanen) Verkehrskultur zum Opfer fallen.

     

    Die Städte und Kommunen müssen sich, wenn sie ihre Zukunft nicht aufs Spiel setzen wollen, aus der Umklammerung der Kfz-Lobby lösen - oder sie saufen mit ab.

    • @Vorstadt-Strizzi:

      Guter Kommentar, fünf Daumen hoch. Habe im Übrigen eben beschlossen, endlich mal bei der nächsten Critical Mass mitzufahren - um Mal einen persönlichen Anfang zu machen. Man kann sich das Schauspiel unserer "Leader" ja noch eine Weile ansehen. Aber wie Sie richtig anmerken, es muss und wird sich was ändern.