Gesetz zur Wiederherstellung der Natur: Brüssels leere Versprechungen
Das Gesetz war praktisch beschlossen und steht doch wieder auf der Kippe. Fest steht: Auf dem Weg zum Green Deal ist die Renaturierung alternativlos.
L eute, es geht um euer Essen! Wenn ihr und eure Enkel künftig weiter Schweinebraten essen wollt, dann denkt noch mal nach. Ihr habt Zeit bis Montagnachmittag, dann tagen die EU-Umweltminister:innen. So, wie es aussieht, werden sie das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur nicht durchwinken. Eigentlich wäre das eine reine Formsache. Belgiens Ratspräsident will die Abstimmung verschieben, was zu einer Beerdigung erster Klasse werden könnte.
Für die Bevölkerung in Europa wäre das dramatisch. Nicht, weil das „Nature Restauration Law“ so großartig gewesen wäre und fruchtbare Böden, sauberes Trinkwasser, Biodiversität und berechenbares Klima in Europa effektiv geschützt hätte. In immer wieder neuen Verhandlungsrunden war der an sich gute Gesetzestext arg geschliffen worden. Aber wir sehen einen Abwärtsstrudel. Aus Angst vor radikalen Bauern stellen Europas Agrarpolitiker den Schutz unserer Lebensgrundlagen hintan.
In Deutschland blockiert die Minderheitspartei FDP erfolgreich die notwendige Wärme- und Verkehrswende. Wir nähern uns unseren selbst gesteckten Klimazielen, gleichzeitig steigert sich die Klimakrise. Die Zeit der Absichtserklärungen ist vorbei, jetzt geht es an die Umsetzung. Wir nehmen die hervorragenden natürlichen Bedingungen unseres Kontinents zwar für selbstverständlich, doch das sind sie nicht. Wir müssen uns anstrengen, um sie zu erhalten.
Das greift Besitzstände an – der land- und subventionsbesitzenden Bauern etwa. Dass die Widerstände gegen eine wirksame Klima- und Naturschutzpolitik groß sein würden, war deshalb absehbar. Beunruhigend aber ist, wie schnell demokratische Verfahren und Praktiken in Bedrängnis geraten, wenn es darum geht, Veränderungen zu verhindern. Parteien halten sich nicht an Absprachen, der belgische Ratspräsident torpediert das Ergebnis seiner eigenen Verhandlungen.
Es scheint, dass in Brüssel derzeit nichts mehr sicher ist – und als Konsequenz auch nicht unsere Nahrung. Also, Umweltminister:innen Europas, geht in euch – und beschließt am Montag dieses Gesetz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist