Gesetz gegen Ferienwohnungen: Für 60 Tage Vermieter sein
Das bisherige Verbot von Ferienwohnungen blieb weitestgehend wirkungslos. Der Senat will das ändern – und die Vermietung auf Zeit erlauben.
Trotz aller Bemühungen boomt das Geschäft mit Ferienwohnungen in Berlin. Nach Angaben des Marktführers, des kalifornischen Konzerns Airbnb, buchten 2016 mehr als 600.000 Berlin-Besucher eine Bleibe über die Plattform. Auf der Website finden sich aktuell mehr als „26.000+ Unterkünfte“ – so viele wie nie zuvor.
Angeboten werden nicht nur einzelne Zimmer, sondern auch ganze Wohnungen, viele davon hotelähnlich hergerichtet, von professionellen Anbietern, manche mit mehr als einer Immobilie. Dabei dürfte es solche Inserate eigentlich gar nicht geben: Nach dem seit Mai 2014 gültigen Zweckentfremdungsverbotsgesetz ist, von einigen Ausnahmen abgesehen, nur das Vermieten von weniger als 50 Prozent des selbst genutzten Wohnraums legal.
Was als restriktives Gesetz daherkam, hat seinen Praxistext trotz einzelner Erfolgsmeldungen nicht bestanden. Zu schwierig ist die Feststellung, wann tatsächlich eine Zweckentfremdung einer Wohnung vorliegt – vor allem weil Airbnb sich erfolgreich weigert, Daten wie Vermieternamen und Adressen herauszurücken. Zu findig sind die Anbieter, die zahlreiche Schlupflöcher nutzen, aber auch eine massive Klagewelle bis hin zum Bundesverfassungsgericht angestrengt haben. Zu langwierig ist die Sanktionierung von illegalen Angeboten.
Gesetzt wird überarbeitet
Nun arbeitet die Verwaltung von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) an einer umfassenden Überarbeitung des Gesetzes. Kernstück ist die Neuregelung für die Genehmigung von Ferienwohnungen. Zukünftig soll es für 60 Tage im Jahr legal sein, die eigene Wohnung zu vermieten. Das sagt Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus; eine Kollegin der Linksfraktion bestätigt das Vorhaben.
Aus der Senatsverwaltung heißt es auf Anfrage: „Es wird voraussichtlich eine Tagesregelung geben. Wie viele Tage es genau sein werden, wird noch geprüft.“ Noch in diesem Jahr soll dem Senat eine Neufassung des Gesetzes vorgelegt werden, im Mai nächsten Jahres soll es in Kraft treten. Er wird eine Abkehr vom bisherigen Pauschalverbot sein.
Die Zweckentfremdung von Wohnraum ist nach einer Übergangsphase von zwei Jahren seit Mai 2016 de facto verboten. Wer eine Ferienwohnung ohne Genehmigung betreibt, vermietet seitdem illegal. Genehmigungen erteilen die Bezirke nur in Ausnahmefällen. Bei Verstößen drohen bis zu 100.000 Euro Strafe.
Legal ist das Vermieten von weniger als 50 Prozent des selbst genutzten Wohnraums. Auch Zweitwohnungen dürfen als solche genutzt werden, urteilte das Verwaltungsgericht.
Knapp 6.000 Mietwohnungen wurden bis September 2017 wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt: Allein 1.329 davon in Friedrichshain-Kreuzberg, 935 in Tempelhof-Schöneberg und 711 in Neukölln. In Mitte wurden Bußgelder in Höhe von 208.000 Euro verhängt – und in Charlottenburg dagegen nur von 100 Euro. (taz)
Gegen dieses machen Airbnb und andere Betreiber seit jeher mobil. Das Gesetz treffe „tausende Berliner, die ihre Wohnung vermieten wollen, wenn sie im Urlaub, auf Dienstreise sind oder pendeln. Sie alle bewohnen ihre Wohnung selbst und nehmen daher niemandem Wohnraum weg“, so das Unternehmen.
Mit dieser Argumentation werden Politiker bequatscht, Plakatwände beklebt („Ich darf frei arbeiten. Aber nicht frei mein Zuhause teilen?“) oder vermeintlich unabhängige Vereine gesponsert (Berliner Homesharing Club). In der Legende der Homesharer, also jener, die ihren Wohnraum teilen und damit sich und anderen Gutes tun, fallen die professionellen Anbieter, die durch Kurzzeitvermietungen viel Geld verdienen, wie selbstverständlich unter den Tisch.
Homesharer als bessere Vermieter?
Aus der Senatsverwaltung heißt es nun, man wolle mit dem Gesetz keine Homesharer treffen, sondern die professionellen Anbieter, die tatsächlich Wohnungen vom Markt nehmen. Schmidberger nannte das Teilen von eigenem Wohnraum Mitte September im Abgeordnetenhaus „nicht nur ein nachvollziehbares Bedürfnis, sondern auch Teil einer solidarischen Ökonomie“.
Knicken Berlins Stadtentwicklungspolitiker also vor der Lobby ein? Schmidberger widerspricht: „Insgesamt werden wir das Gesetz eher verschärfen“, sagt sie. Eine 60-Tage-Regelung wäre restriktiver als in den meisten anderen Städten, die den Vermietungszeitraum reglementieren. In Hamburg etwa darf eine Wohnung an 182 Tagen im Jahr vermietet werden.
Auf dieselbe Zahl einigte sich jüngst auch der Bezirk Pankow mit einem klagenden Wohnungsbesitzer in einem Vergleich. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Zweifel an der Gesetzgebung angemahnt. Aus dem Senat kam das deutliche Signal, dass es sich dabei um eine unabgestimmte Einzelfallentscheidung ohne Präzedenzfallcharakter handele. Der Verdacht, zukünftig großzügig mit Ferienwohnungsvermietern umzugehen, soll nicht aufkommen.
Mehr Kontrolle
Schmidberger findet eine 60-Tage-Regelung plausibel: „Das sind 30 Urlaubstage plus Wochenenden.“ Wer seine Wohnung vermieten will, müsse dies beim Bezirksamt anmelden. Dafür soll es ein Registrierungssystem geben, wie es auch in Madrid und Barcelona angewandt wird; deren Erfahrungen würden ausgewertet. Bei einer Kontrolle, ob die Obergrenze eingehalten werde, „muss Airbnb mit uns zusammenarbeiten“, sagt Schmidberger: „Ich hoffe, dass die Auskunftspflicht verschärft wird.“ Es ist ein Knackpunkt einer Neuregelung.
Das Gesetz mit dem schwierigen Namen soll außerdem noch in anderen Punkten überarbeitet werden. Reagiert werden soll damit auf Gerichtsurteile, die Zweitwohnungen als Ferienappartements erlauben. Dies solle ausgeschlossen werden. Der Antrag auf Genehmigung einer Ferienwohnung soll nicht mehr als angenommen gewertet werden, wenn innerhalb von 18 Wochen kein Bescheid erfolgte.
Dazu kommt: Ohne Genehmigung soll eine Wohnung künftig nur noch drei statt sechs Monate leerstehen dürfen, damit sie nicht als zweckentfremdet gilt. Auch die Möglichkeit, noch intakte Wohnungen abzureissen, soll künftig eingedämmt werden.
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