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Geschichte des Endlagers MorslebenTarnname „Iltis“ und „Bulldogge“

Heute lagert in Morsleben Atommüll. Eine Ausstellung erzählt von der Zeit der Schächte als Bergwerk, KZ-Außenlager und Zuchtanlage.

Ab Februar 1944 diente das heutige Endlager der Rüstungsproduktion und als Außenlager des KZ Neuengamme. Foto: dpa

Göttingen taz | Das Atommüllendlager Morsleben hat eine wechselvolle Vergangenheit. Es diente zur Salzgewinnung, zur Rüstungsproduktion mit KZ-Häftlingen, zur Geflügelzucht und als Deponie für radioaktive Abfälle. Der Betreiber, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), hat jetzt eine Ausstellung über die Geschichte des Ortes zusammengetragen. Am Montag wird sie in der Infostelle Morsleben eröffnet.

In der Tat haben die Schächte viel gesehen: Die Salzförderung in Morsleben und im benachbarten Bartensleben begann Ende des 19. Jahrhunderts. Zunächst wurde Kalisalz für die Landwirtschaft abgebaut, später Steinsalz, das als „Sonnensalz aus Bartensleben“ in den Handel kam.

Görings Luftwaffe lagerte ab 1937 Flugzeugmunition in einem der Schächte. Ab Februar 1944 diente das gesamte Bergwerk der Rüstungsproduktion und als Außenlager des KZ Neuengamme. Tausende Häftlinge und Zwangsarbeiter mussten Bauteile des Strahlflugzeugs „Me 262“ und von Raketen zusammensetzen. Die Schächte Marie und Bartensleben erhielten die Decknamen „Bulldogge“ und „Iltis“.

Während im Schacht Bartensleben nach dem Kriegsende wieder bis 1969 die Steinsalzproduktion anlief, wurden in den unterirdischen Abbauen des Schachts Marie zwischen 1959 und 1984 Zehntausende Broiler gezüchtet.

Asse lässt grüßen

Bereits 1965 hatte die Staatliche Zentrale für Strahlenschutz der DDR (später: Staatliches Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz – SAAS) mit der Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle begonnen. 1970 fiel die Entscheidung für Morsleben. Ein Jahr später wurden „versuchsweise“ – der Fall Asse in Niedersachsen lässt grüßen – erste Abfälle eingelagert, 1973 erfolgte die offizielle Benennung des Standorts. Nach einer „Probephase“ erteilten die Behörden 1981 eine vorläufige und 1986 eine unbefristete Betriebsgenehmigung.

Görings Luftwaffe lagerte ab 1937 Flugzeugmunition in einem der Schächte

Mit der deutschen Vereinigung ging das Endlager in den Besitz der Bundesrepublik über – das BfS wurde Betreiber. Auf die bereits dort lagernden rund 14.400 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiver Abfälle wurden zwischen 1994 und 1998 unter Verantwortung der damaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) noch einmal gut 22.000 Kubikmeter draufgepackt.

Ähnlich wie in der Asse erfolgte die Einlagerung auch in Morsleben unter teilweise haarsträubenden Bedingungen. Flüssige radioaktive Abfälle wurden auf eine Schicht Braunkohlenfilterasche versprüht, große Mengen sickerten bis in die tiefen Schichten des Bergwerks. Feste radioaktive Abfälle wurden zum Teil lose oder in Fässern in Einlagerungshohlräume gekippt oder gestapelt.

Zudem ist – auch das eine Parallele zur Asse – das ganze Grubengebäude instabil und vom Einsturz bedroht. Mehrmals schon krachten tonnenschwere Salzbrocken von Zwischendecken herab. Das BfS lässt deshalb bereits seit 2001 Hohlräume verfüllen.

Die Einsturzgefahr war bereits 1969 bekannt. Auch von Wasserzuflüssen wissen die Behörden seit Jahrzehnten. Derzeit läuft das Verfahren zur Stilllegung von Morsleben. Sie soll mit Stand heute rund 2,2 Milliarden Euro kosten.

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