Gescheiterte Kooperation: Protestanten bleiben draußen
Der evangelische Kirchenkreis kehrt der Drei-Religionen-Schule in Osnabrück den Rücken. Die Religionen würden zu sehr getrennt, es fehle ein Leitbild. Katholiken, Muslime und Juden bedauern.
OSNABRÜCK taz | Am Freitag haben die Kooperationspartner den Vertrag für die Drei-Religionen-Schule in Osnabrück unterschrieben. Doch eine christliche Konfession fehlte bei der Vertragsunterzeichnung: Der evangelisch-lutherische Kirchenkreis Osnabrück lehnt derzeit eine Mitarbeit an der Grundschule ab, an der zu gleichen Teilen jüdische, christliche und muslimische Kinder unterrichtet werden sollen.
"Uns fehlen wesentliche Inhalte, die zu einer multireligiösen Schule gehören", erklärt Friedemann Pannen, Superintendent des Kirchenkreises. Der für ihn wichtigste Kritikpunkt: Wenn an der Schule eine religiöse Feier abgehalten wird, können die Kinder der anderen Religionen ausgeschlossen werden.
So kann ein katholischer Pfarrer etwa fordern, dass nicht-katholische SchülerInnen einer Messe fernbleiben. "Das ist kontraproduktiv für das, was wir unter multireligiösem Lernen verstehen", sagt Friedemann Pannen. Die Herausforderung bestehe gerade darin, "religiöse Feiern für alle Schüler offen zu halten".
Das ist nur einer von sieben Kritikpunkten an dem Kooperationsvertrag. So fordert der Kirchenkreis unter anderem, dass sich auch Kinder ohne Religionsangehörigkeit an der Schule anmelden können. Das geht nach den jetzigen Bestimmungen aber nur, wenn noch Plätze frei sind.
Auch dass die Vertragspartner kein gemeinsames Leitbild für die Schule entworfen haben, kritisiert Friedemann Pannen. Stattdessen gilt das Leitbild der Schulstiftung des Bistums Osnabrück. Das hatte zuvor am selben Ort die katholische Johannisschule betrieben und ist nun Träger der privaten Drei-Religionen-Schule.
Winfried Verburg, Leiter der Schulabteilung des Bistums, hat für die Kritik kein Verständnis. "Wir bedauern, dass der Kirchenkreis nicht dabei ist", sagt Verburg, der das Konzept für die Drei-Religionen-Schule entworfen hat.
Er sieht kein Problem darin, wenn die Religionen bei Feiern auch mal unter sich bleiben. "Multireligiösität heißt nicht, dass wir immer alles gemeinsam machen müssen", so Verburg. Er verweist außerdem darauf, dass für eine Änderung des Kooperationsvertrags keine Zeit mehr ist. Schon im Mai werden sich die Kinder für das im Sommer 2012 beginnende Schuljahr anmelden.
Bei der Vertragsunterzeichnung am Freitag dabei war Avni Altiner, Vorsitzender des Landesverbandes der Muslime in Niedersachsen (Schura). Auch Altiner bedauert die Absage der evangelischen Kirche. "Ich hätte mir gewünscht, dass sie dabei ist", sagt er. Die multireligiöse Schule sieht er als "Gewinn für die Religionsgemeinschaften" und ist froh, "dass es sie überhaupt gibt". Tatsächlich ist die Schule bisher die einzige ihrer Art in Deutschland.
Zu den weiteren Unterzeichnern des Vertrags gehören neben dem Bistum die türkisch-islamischen DITIB-Gemeinde Osnabrück und die jüdische Gemeinde der Stadt. Deren Vorsitzender Michael Grünberg findet es "schade", dass die evangelische Kirche nicht dabei ist. Schließlich gehe es bei der Kritik des Kirchenkreises nur um "Feinheiten".
Ganz außen vor sind die Protestanten trotzdem nicht: Evangelische Kinder dürfen sich an der multireligiösen Schule anmelden. Und auch im Schulbeirat wird die Kirche mit einem Platz vertreten sein.
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